das portrait: Heidi Reichinnekist bündnisfähig
Nicht nur gefühlt geht’s aufwärts. Auch seriöse Umfragen sehen Niedersachsens Linke endlich mal wieder über fünf Prozent und vergangenes Jahr hat man neue Mitglieder gewonnen. Okay, landesweit nur 34. Aber Plus ist Plus, und folglich war beim Parteitag „eine unglaublich gute Stimmung“, sagt Heidi Reichinnek, „eine Aufbruchstimmung“.
Die am Leben zu erhalten und auszubauen gehört ab sofort zu den Aufgaben der 30-jährigen Politologin. Die ist 2016 vom Studienort Marburg nach Osnabrück gezogen – und zog gleich in den Stadtrat ein. Vergangenen Samstag haben sie nun auch 86 Prozent der gut gelaunten Links-Delegierten zur neuen Landes-Vorsitzenden gewählt, neben Lars Leopold, der im Sommer Teil der Doppelspitze geworden ist, und in der Schulaula der Gesamtschule von Hannover-Mühlenberg. Für Auswärtige: Das ist, wo in Hannover die armen Kinder leben.
Das große Ziel: Wieder in den Landtag einziehen, „weil es dort derzeit nur neoliberale Fraktionen gibt“, sagt Reichinnek, „und Nazis. Da fehlen wir“. Und umgekehrt fehlen der Parteiarbeit die Informationen, auf die eine Fraktion Zugriff hätte, „das ist ein Nachteil“. Dahin kommen will sie, indem sie – okay, hier ist jetzt der Platz für die Floskel vom landespolitischen Profil, das weiter zu schärfen sei, und der fortzusetzenden guten Arbeit: Wahrnehmbar wird die Niedersachsen-Linke derzeit vor allem im Rahmen von Bündnissen, für Solidarität mit Geflüchteten, gegen die Pflegekammer oder das geplante Polizeigesetz.
Das soll ausgebaut werden. Und Reichinnek ist dafür Fachfrau: In Belm arbeitet sie schließlich bei einem diakonischen Projekt, das demokratische Strukturen vermittelt, und wie man sie anwendet. Zweck: Radikalisierungsprävention, genauer: die Verhütung islamistischer Orientierung durch die Eröffnung zivilgesellschaftlicher Teilhabe. „Wer wegen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe ausgegrenzt wird, neigt oft dazu, diese Gruppe über alles zu stellen“, erklärt sie eine Ursache des Fundamentalismus. Eine linke Antwort darauf? „Eine Linke denkt da schon im Grundansatz anders“, sagt Reichinnek. „Wir lehnen Ausgrenzung ab.“ Benno Schirrmeister
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