Nils Schuhmacher
Hamburger Soundtrack
: Das größte kulturelle Phänomen unserer Zeit

Noch bevor das neue Wahrzeichen der Stadt steht, wackelt es auch schon im Wind der politischen Bedenken. Der „Turm zur Welt“, auch bekannt als „Elbtower“, den der österreichische Investor René Benko der Stadt in ihr graues Eingangsportal an den Elbbrücken pflanzen will, stieß ja von Beginn an auf die üblichen kleinlichen Einwände. Man sagte zum Beispiel: Wozu brauchen wir ein neues Mahnmal, wo wir doch schon St. Nikolai haben? Oder: Muss zum Kult der Hülle jetzt auch noch der Kult der Höhe treten? Und jetzt sind auch noch Fragen bezüglich der Nutzung aufgekommen.

Was die notorischen Kritikerinnen und Kritiker dabei übersehen haben oder nicht verstehen: Es existiert ein gut durchdachtes Konzept. Und in diesem ist sogar an die hiesigen Musikschaffenden gedacht, was insbesondere die jüngst aus dem Otzenbunker exkludierten geschätzten 100 Bands freuen dürfte. Sie finden nämlich mit dem „House of Pop“, das im Untergeschoss geplant ist, einen „Ort, an dem Popkultur in seiner Gesamtheit erfahren werden kann“, eine interaktive Ausstellung mit „exklusive[m] und interaktive[m] Content“, in der sie das „größte kulturelle Phänomen unserer Zeit“ hautnah erleben können, um ihre Vermutung zu verfestigen, dass Pop „King!“ ist. Und das Gute ist: Sie haben ja jetzt auch die Zeit dafür.

Man kann es zudem für einen kleinen Schönheitsfehler halten, dass im Nutzungskonzept von einer „breiten Zielgruppe von Berlin-Touristen und -Einwohnern“ die Rede ist. Tatsächlich handelt es sich hier natürlich um eine bewusst gesetzte Multifunktionsaussage. Sie verknüpft Pop und Architektur und führt einen überdies auf den geschichtlichen Weg von der neuen zur alten Hauptstadt. Und im Mittelpunkt steht selbstverständlich Hamburg mit seinem Elbphallus.

In diesem Sinne müssen Palais Schaumburg (2. 2., Kampnagel) ab jetzt äußerst wachsam sein. Die 1980 hier formierte und soeben wiedergegründete Band ist Eingeweihten als avantgardistisch-dadaistischer Leuchtturm bekannt.

Aber wer so drauf ist wie handelsübliche Entwickler von „Value proposition“, kommt ja berufsmäßig auf die innovativsten Ideen und hält es am Ende auch für eine gute Idee, „Wir bauen eine neue Stadt“ (einen weithin bekannten Song der Band) zur neuen Begleithymne auszuwählen. Dabei wäre „Morgen wird der Wald gefegt“ natürlich viel passender.