Wenn der Buzzer leuchtet

ERLEBNIS-MINIGOLF Wer tagsüber in das „Schwarzlichtviertel“ in Hamburg-Stellingen geht, bekommt es mit schummelnden Müttern und aufgebrachten Omas zu tun. Ein Selbstversuch in der Dunkelheit

Die Dame hat ein Foto von uns gemacht und erklärt ihrer Enkelin, dass sie sich über uns beschweren wolle

VON YASMINA SAYHI

„Meine Güte, sind die alle klein“, sagt Charlotte, als wir das „Schwarzlichtviertel“ betreten. Wir reißen den Altersdurchschnitt, im Schnitt sind die Gäste hier nicht älter als 14. Das liege daran, dass wir zur Mittagszeit reserviert hätten, erklärt man uns später. Nach 17 Uhr sei der Eintritt erst ab 16 Jahren. Auf der Website von Schwarzlichtviertel lautet die Erklärung: „Die ‚größeren‘ Gäste erfreuen sich an der eher ruhigen und stimmungsvollen Atmosphäre im Funtastic-Minigolf und genießen dann gerne am Abend einen Cocktail in unserem Bistro.“

Als ich die Speisekarte aufschlage, blitzen mir die Happy-Hour-Angebote entgegen. „Die Alkoholpreise sind ja kiezgetreu“, sagt ein wartender Vater neben uns am Tisch und wird kurz darauf von seiner Frau angehalten, das doch bitte nicht so laut vor dem Kind zu sagen. Ihr kleiner Uwe knabbert währenddessen am Taccoteller, der heute fett im Angebot steht.

An der Rezeption bekommen wir ein Klemmbrett mit einer Score-Liste und einen Golfball. Ich bezahle für beides fünf Euro Pfand und wir begeben uns mit einem kleinen grünen Buzzer an einen der Bistrotische. Von der Vorhalle aus gehen weitere Räume ab. In einem befindet sich sogar ein Partyraum mit schwarzen Wänden, einer langen Tafel und Büffettisch für Geburtstagsfeiern, die man telefonisch reservieren kann.

„Der Buzzer leuchtet!“, sagt Charlotte. Wir machen uns auf zum „U-Boot“. Mit uns warten zwei Mütter mit ihren Kindern. Der kleine Junge mit der Harry-Potter-Brille reißt am Shirt seiner Mutter herum. „Geht’s los? Geht’s los?“, fiepst er. „Mama, ich hab Angst“, sagt das kleine Mädchen und zupft an ihrem rosa Jäckchen herum. Sie ist sicher nicht älter als fünf. Der junge Mann von der Rezeption kommt herüber und erklärt uns, dass wir ab sofort eine Gruppe sind: der Harry-Potter-Junge, das kleine Mädchen, das „Mimi“ gerufen wird, ihre beiden Mamis, Charlotte und ich.

Im „U-Boot“, dem Eingang zum Minigolf, erscheint ein Pirat auf dem Bildschirm. „Arrrgh, wollt ihr mit auf See kommen?“ „Neeeeeein!“, schreit Mimi. „Keine Angst, der kommt nicht mit“, tröstet sie ihre Mutter. Das U-Boot tut, als ob es losfährt, die Sitze bewegen sich. Mimis Schreie übertönen die Spielanweisungen des Piraten. Der spricht unbeirrt weiter. „Pscht!“, schreit der kleine Junge. „Ich versteh’ nix! Mama, was hat er gesagt?“

Die Türen des U-Boots öffnen sich, an die Wände der „Unterwasserwelt“ sind Fische und Meerjungfrauen gemalt. Das Schwarzlicht lässt unsere Zähne leuchten, wir setzen die 3-D-Brillen auf und ziehen Grimassen. Die Kinder verstecken sich vor uns. „So stelle ich mir ’nen LSD-Trip vor!“, sagt Charlotte.

Durch unsere 3-D-Brille ist es fast unmöglich, den Ball zu treffen. Wir schlagen permanent daneben, lachen laut und ernten böse Blicke von den Müttern um uns herum. Die kleine Mimi ist dran und schlägt auch ohne Brille immer daneben. Als sie endlich trifft, lenkt die Mutter den Ball mit den Fuß dezent in die richtigen Bahnen. „Deine Mama schummelt!“, ruft der kleine Junge. „Gar nicht!“, sagt Mimi.

Es staut sich zwischen den Bahnen, der Abstand könnte größer sein. Sagte der Pirat aus dem U-Boot nicht, dass man ruhig mal ein paar Bahnen überspringen dürfe? Charlotte und ich gehen in die Dschungelwelt. Nun muss der leuchtende Golfball über Felsen durch Truhen und Krokodilsmäuler geschossen werden.

Wir nehmen die Brillen ab, der 3-D-Effekt raubt uns das Gleichgewichtsgefühl. Hinter uns in der Reihe ist jetzt Oma mit enger Caprihose. Sie spielt mit ihrer Enkelin und beschwert sich über unser Überholmanöver. Als wir mit vereinten Kräften die Turbo-Bouster-Plastikrohr-Bahn bewältigen, schnalzt sie mit der Zunge. „Das zählt aber nicht, das war ja zu zweit!“, sagt sie laut. Ihre kleine Enkelin nickt mit verschränkten Armen.

Bei der nächsten Bahn scheinen wir uns zu lang aufzuhalten. Sie greift nach ihrer Kamera und baut sich vor uns auf. Klick! Die Dame hat ein Foto von uns gemacht und erklärt ihrer Enkelin, dass sie sich bei den Betreibern beschweren wolle. Die beiden bleiben bis zur letzten Bahn hinter uns. Als wir draußen sind, ärgern wir uns: Wir hätten nach einem Abzug fragen sollen.

Schwarzlichtviertel, Kieler Straße 571, Hamburg, ☎ 040-219 01 91 50