Neues Gesetz bringt mehr Privatpleiten

Die Zahl der Insolvenzen von Privathaushalten steigt in NRW stetig an. Ein Rückgang scheint auch in den kommenden Jahren nicht zu erwarten. Experten halten nichts von einer Änderung der Gesetzgebung zur privaten Pleite

NEUSS taz ■ Die Überschuldung von Privathaushalten in Nordrhein-Westfalen ist auch in diesem Jahr weiter angestiegen und befindet sich seit 1999 auf einem Höchststand. Damals trat das von der rot-grünen Bundesregierung beschlossene Gesetz zum privaten Konkurs in Kraft. Im ersten Halbjahr 2005 meldeten die Verbraucher in NRW 7.538 Insolvenzen an, ein Anstieg um 28,7 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. Diese Entwicklung sei ein Trend, sagt Michael Bretz, Sprecher des Wirtschaftsinformationsunternehmens Creditreform aus Neuss. „Wir entwickeln uns hin zu amerikanischen Verhältnissen“, so Bretz. Deutschlandweit gebe es schon „2,7 bis 3 Millionen überschuldete Haushalte“.

Das Gesetz, das die private Pleite regelt, werde bei Schuldnern und Anwälten immer bekannter, daher sei es nicht verwunderlich, dass die Zahl der privaten Insolvenzverfahren immer noch steige, sagt Bretz. Das sei auch gesellschaftlich problematisch, denn da bei privaten Insolvenzen für die Gläubiger kaum etwas zu holen sei, müssten sich diese Risiken in den Verbraucherpreisen niederschlagen. Zudem sei der administrative Aufwand, der durch die Schuldnerverfahren entstehe, sehr hoch. „Die Werbung für Kredit- und Kundenkarten nimmt immer weiter zu. Es stellt sich die Frage: Müssen wir das zulassen?“

Nach Angaben der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung NRW e.V. koste ein Verfahren durchschnittlich 1.500 Euro. Sorge macht Roland Dingerkus, Vorstandsvorsitzender des Vereins, eine mögliche Gesetzesänderung nach der bevorstehenden Bundestagswahl. Dann könne es sein, dass der Insolvenzverwalter für Privatpersonen wieder abgeschafft würde. Bisher vertritt dieser die Forderungen der Gläubiger über eine Frist von sechs Jahren, danach ist der Privatpleitier schuldenfrei. Sollte das neue Gesetz den Gläubigern gestatten, innerhalb dieser Frist auf Gehalt und Vermögen zuzugreifen, drohe vielen Schuldnern der Verlust ihres Arbeitsplatzes. „Momentan ruft der Insolvenzverwalter einmal beim Arbeitgeber an und sagt, was an Gehalt gepfändet wird“, sagt Dingerkus. Aber stellen sie sich mal vor, da kommen regelmäßig 30 Gläubiger!“

Auch die Creditreform steht einer Gesetzesänderung kritisch gegenüber. „Ob das in der Sache etwas bringt, wage ich zu bezweifeln“, sagt Betz. ELMAR KOK