Die neuen Ferienwohnungen in Prora sind nicht für Nazis

OSTSEEKÜSTE Im Koloss auf Rügen entstehen erste Urlaubsdomizile. Anwohner kritisieren das

„Man hätte Prora abreißen sollen“

KARSTEN SCHNEIDER, BÜRGERMEISTER

BINZ dpa | In dem als „Seebad der 20.000“ geplanten Nazi-Bauwerk Prora auf Rügen entstehen jetzt die ersten Ferien- und Eigentumswohnungen. Über Kilometer ziehen sich die Bauten am Strand entlang, zu einem Großteil bis heute ungenutzt. Sechs Jahre nach dem Verkauf des Blocks II durch den Bund hat dort nun der Umbau begonnen. „Wir haben eine vernünftige Konstellation gefunden, um das Projekt jetzt zügig umsetzen zu können“, meint der bisherige Eigentümer Ulrich Busch, Sohn des Arbeiterliedersängers Ernst Busch.

Drei der insgesamt zehn Aufgänge in dem allein 450 Meter langen Block seien im Sommer an Investoren aus Berlin und Binz weiter verkauft worden, sagte Busch. Der Baubeginn hatte sich immer wieder verzögert, zunächst wegen offener Fragen im Denkmalschutz, später wegen der fehlenden Finanzierung. Jetzt sei sichergestellt, dass das gesamte Bauvorhaben in anderthalb Jahren umgesetzt werden kann, sagte Busch.

Der zwischen 1936 und 1939 errichtete „Koloss von Prora“ sollte ursprünglich eine große Ferienanlage der Nationalsozialisten werden. Der 4,5 Kilometer lange Komplex ging nach Kriegsausbruch jedoch nicht in Betrieb. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Areal militärisch genutzt. Im Jahr 2004 hatte der Bund mit dem Verkauf der fünf noch weitgehend intakten Blöcke begonnen und dafür 3,45 Millionen Euro erhalten. Historiker hatten den Bund damals kritisiert, sich mit dem Verkauf aus der historischen Verantwortung stehlen zu wollen. Sie befürchteten zudem, dass sich rechte Gruppierungen in den Bau einkaufen könnten.

Um dies zu verhindern, hatte der Bund in Verkaufsverträgen eine Klausel eingebaut, in der die Käufer erklärten, weder der rechtsextremistischen Szene anzugehören noch für diese den Kauf zu tätigen. Diese Klausel sei auch in die Verträge mit den neuen Erwerbern der Aufgänge eingegangen und werde auch an die Eigentümer der Wohnungen weitergegeben, so Busch.

Prora ist Ortsteil des größten Rügener Ostseebades Binz. Dort regt sich inzwischen Widerstand gegen den ungezügelten Bau weiterer Ferienwohnungen. Gemeindechef Karsten Schneider sieht die Prora-Pläne zwiespältig. Nach 20 Jahren Stillstand passiere zwar endlich etwas, sagte er. Doch eigentlich brauche niemand in Binz weitere Ferienbetten. Schneider spricht von politischen Fehlentscheidungen. „Man hätte vor 20 Jahren den Mut aufbringen sollen, Prora bis auf wenige Bereiche abzureißen. Jetzt ist es zu spät.“