Theatersommer fällt ins Wasser

THEATER In der Wasserburg Roßlau fiel das Sommertheater aus, weil Sachsen-Anhalt den Etatposten strich

DRESDEN taz | Kuriose Nutzungen hat die Wasserburg Roßlau in Sachsen-Anhalt in ihren 650 Jahren schon erlebt: provisorisches Rathaus, Gefängnis, Wohnhaus. Inzwischen ist die Wasserburg ein typischer Veranstaltungsort, um den sich ein Burgverein kümmert, der Mittelalterfeste, Ritteressen, Ska-Konzerte und Theater auf dem Programm hat.

„Ein toller Ort und eine ideale Kulisse“, schwärmt Benjamin Kolass vom Verein theaterBurg. Ansonsten aber hat er wenig Grund zum Schwärmen. Seit 2005 spielt seine überwiegend aus Berlinern bestehende freie Theatergruppe einen Sommer lang eine Inszenierung, die sie speziell für Roßlau einstudiert haben. Früher spielten sie eher Problemstücke wie „Der Kick“ oder „norway.today“, dann Kleists „Zerbrochenen Krug“ und Büchners „Leonce und Lena“. In diesem Jahr aber musste der Burgtheatersommer ausfallen. Im April sagte das Kultusministerium in Magdeburg den zuvor gewährten 10.000-Euro-Zuschuss ab. Damit fiel eine von vier Finanzierungssäulen, die so kurz vor Saisonstart nicht ersetzt werden konnte.

Dabei trägt sich der theaterBurg-Verein schon weitgehend selbst. Nur ein Viertel macht die Landesförderung aus. Weitere 10.000 Euro kommen jeweils aus staatlichen Lotterieeinnahmen, von privaten Sponsoren und aus den Eintrittsgeldern. Das Kultusministerium begründete die Absage mit der allgemeinen Kürzung der Fördermittel für freie Theater im Landeshaushalt. Man habe deshalb eine Prioritätenliste erstellen müssen, wobei aus Sachsen-Anhalt stammende Künstler bevorzugt wurden. Die Berliner hätten dieses Kriterium nicht erfüllt. Die späte Verabschiedung des Haushalts habe die für die Künstler ärgerlich späte Absage zur Folge gehabt.

Im Nachbarort am großen Anhaltischen Theater in Dessau kracht es auch, weil 205.000 Euro eingespart werden sollen. Und was das arme Sachsen-Anhalt für die regionale Kultur aufbringen kann, schluckt das Bauhaus. Aber die „Kleinen“ dürften nicht gegen die „Leuchttürme“ ausgespielt werden, meint theaterBurg-Organisator Kolass. Konkurrenz belebe das Geschäft, und dem Dessauer Theater empfiehlt ein externer Gutachter gerade eine Sommerbespielung – so wie in der Wasserburg Roßlau.

Eine Nische besetzt hatte die Bespielung der Wasserburg offensichtlich. Mit 300 Besuchern musste sich die achtköpfige Schauspielertruppe bei ihrem Start begnügen. Im vergangenen Jahr kamen schon 1.000 Besucher in den Burghof, teilweise reisten sie aus Leipzig oder Bitterfeld eigens für das Theaterspektakel an, sagt Kolass.

Für das kommende Jahr nährt das Kultusministerium die Hoffnung mit der Ankündigung, es werde dann erneut über Förderungen entschieden. Vorsorglich wollen sich die theaterBurg-Akteure aber schon nach weiteren Geldgebern umsehen.

MICHAEL BARTSCH