heute in hamburg
: „Wir haben Wartelisten mit Hunderten Patienten“

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Rieke Guhl, 25, Ergotherapeutin, hat die Kundgebung organisiert.

Interview David Günther

taz: Frau Guhl, wofür gehen Sie auf die Straße?

Rieke Guhl: Wir wollen, dass das Schulgeld für alle Gesundheitsberufe schon in diesem Januar abgeschafft wird.

Wie hoch sind die Kosten bisher?

Ein Therapeut muss für die Ausbildung bis zu 20.000 Euro zahlen und bekommt im Berufsleben durchschnittlich 2.200 Brutto. Das ist ein klarer Missstand in diesem Gesundheitssystem.

Ist das ein Grund für den Fachkräftemangel?

Natürlich. Wegen den hohen Kosten in der Ausbildung ist der Beruf unattraktiv geworden. Dazu kommt noch die schlechte Vergütung im späteren Berufsleben, die die jungen Menschen davon abhält. Es gibt Praxen, die schon keine Bewerbungen mehr erhalten.

Wie wirkt sich der Mangel auf die Patienten aus?

Wir haben Wartelisten mit Hunderten Patienten, die auf Termine warten. Therapie beugt Pflege vor. Die Pflegekosten steigen ins Unermessliche, wenn die Patienten nicht therapeutisch versorgt werden. Diesen Zusammenhang müssen Politiker auf allen Ebenen verstehen und entsprechend handeln.

Im vergangenen Jahr haben Betroffene für das gleiche Thema demonstriert. Was hat sich bis heute geändert?

Wir haben es geschafft, dass das Problem in der Öffentlichkeit Gehör fand und die Politik auf uns aufmerksam wurde.

Kundgebung „Schulgeldfreiheit sofort!“, 15.30 Uhr Rathausmarkt

Inwiefern aufmerksam?

Der Bund hat das Problem im Koalitionsvertrag thematisiert. Schleswig-Holstein ist sogar einen Schritt weiter und hat das Schulgeld für die Ausbildung abgeschafft. Die Schülerinnen und Schüler verlangen das in Hamburg jetzt auch. Hamburg darf nicht auf den Bund warten.

Die Fraktionen von SPD und Grüne haben ein Förderprogramm vorgeschlagen.

Das stimmt. Bisher ist es aber nur ein Vorschlag und keine Einigung. Außerdem wurden in diesem Antrag nur einige wenige Heilmittelerbringer berücksichtigt. Die Podologen, Masseure und Diätassistenten wurden nicht erwähnt. Unser Protest gilt für alle.