Eine ansteckende Diskussion

SCHWEINEGRIPPE ÄrztInnen streiten über Impfempfehlung. Die einen füchten Nebenwirkungen, andere halten die Debatte an den Haaren herbeigezogen

Die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts rät zur baldigen Spritze gegen die Schweinegrippe. Doch die Debatte über mögliche Nebenwirkungen durch sogenannte Wirkverstärker teilt die Berliner Ärzteschaft.

Marlis Jagemann, Allgemeinmedizinerin in Kreuzberg, steht beispielsweise der Empfehlung des Instituts skeptisch gegenüber. „Grundsätzlich bin ich kein Impfmuffel“, sagt Jagemann. Zur normalen Grippeimpfung rate sie sehr. Doch beim Anti-Schweinegrippe-Serum gebe es noch zu wenig Informationen über die Nebenwirkungen. „Ich müsste das Mittel erst an mir selbst testen, bevor ich es verabreichen könnte“, sagt die Ärtzin.

Jagemann sieht hier auch ein logistisches Problem: „In einer Flasche sind zehn Impfdosen. Sobald eine verwendet wird, muss der Rest innerhalb von 24 Stunden aufgebraucht werden.“ Es müssten also erst einmal zehn Patienten zusammenkommen.

Dieter Schwochow, Allgemeinmediziner in Mahlsdorf, hingegen empfiehlt den Griff zur Spritze: „Die Impfung macht Sinn. Wir haben gute Erfahrung mit der Impfung gegen die jährliche Influenza gemacht.“ Zwar seien Schweingrippefälle in Deutschland und Berlin bisher eher harmlos verlaufen, dennoch sei sie grundsätzlich gefährlicher als eine normale Influenza einzuschätzen. Niemand wisse, was noch passieren werde, so Schwochow. „Denn eine Grippeepidemie verläuft in zwei Wellen, und das dicke Ende könnte noch kommen.“

Die Diskussion über die Nebenwirkungen kann er nicht nachvollziehen: „Das sind die gleichen Wirkverstärker, die seit Jahren im normalen Grippeimpfmittel verwendet werden.“ Und diese seien auch für ältere Menschen verträglich. Aus diesem Grund sei die Diskussion „an den Haaren herbeigezogen“.

JAN MOHNHAUPT