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Asiatische Stechmücke in FrankfurtBlinde Passagiere

In Frankfurt wurden ganze Populationen der Asiatischen Tigermücke entdeckt. Sie überträgt diverse Krankheiten. Ein Grund zur Panik ist das aber nicht.

Nicht zu verwechseln mit der Ringelmücke: die Asiatische Tigermücke Foto: James Gathany/CDC/dpa

„Die Mückenplage hat Rhein-Main fest im Griff“, schrieb der Offenbacher Extra-Tipp im Frühling, und dass sich dort „hartnäckig das Gerücht von der gefährlichen Tigermücke“ halte, weil „selbst ernannte Experten Panik machen“. Die Behörden wiegelten ab: Da liege wahrscheinlich eine Verwechslung mit der nicht unähnlich aussehenden Ringelmücke vor, die man in Baden-Württemberg auch Ringelschnake nennt.

Zudem war dann schon ein paar Monate später landauf, landab von einem erschütternden „Insektensterben“ die Rede. Aber nun haben ausgewiesene „Experten des Ministeriums und des Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie“ in Frankfurt ganze „Populationen der Asiatischen Tigermücke“ entdeckt. Die ­einheimischen Insekten verschwinden, die asiatischen rücken nach, so scheint es. Bisher gab es die ­Tigermücken in Frankfurt am Main nur vereinzelt. Sie kamen als blinde Passagiere mit dem Flugzeug ins Land.

Beunruhigend an ihnen sind die Weibchen, denn sie brauchen zur Eientwicklung Blut und können beim Stechen gefährliche Viren übertragen, während die Männchen sich harmlos von Nektar ernähren. Man kann sie jedoch schlecht unterscheiden. Die Tigermücke ist gefleckt, daher der Name, aber anders als die asiatischen Tiger besteht sie auf eine „enge Vergesellschaftung mit den Menschen“ (Wikipedia).

Die Weibchen übertragen beim Blutsaugen Krankheiten wie Chikungunya, Dengue-, Gelbfieber- und den West-Nil-Virus. Diese Viren brauchen zur Entwicklung im Körper der Mücke mehrere Wochen lang Temperaturen über 25 Grad, „Bedingungen, die in Deutschland in der Regel nicht vorliegen“. Das gilt jedoch nicht für die Chikungunyaviren, die sich bereits bei 18 Grad vermehren können, wie das Hamburger Institut für Tropenmedizin in seinem „Hochsicherheits-Insektarium“ kürzlich herausfand.

22.000 Tote

Das Wort Chikungunya stammt aus der Sprache der Makonde, eines Bantuvolks in Tansania, und bedeutet „Gebeugter Mann“. Da die mit Fieber und Mattigkeit einhergehende Viruserkrankung in den meisten Fällen gutartig verläuft und irgendwann wieder abklingt, wird man früher oder später auch wieder geradegehen können – ohne spezifische Medikamente einnehmen zu müssen, die es (noch) gar nicht gibt.

Ähnlich ist der Krankheitsverlauf bei einer Infektion mit dem West-Nil-Virus, die sich durch Fieber, Abgeschlagenheit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Schwellungen der Lymphknoten bemerkbar macht, aber ebenfalls nach ein bis zwei Wochen wieder abklingt.

Auch die Ausbreitung des Denguevirus im menschlichen Körper ähnelt dem Verlauf einer Grippe. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jährlich 50 bis 100 Millionen Personen daran erkranken, 500.000 Personen einen schweren Krankheitsverlauf durchleiden und 22.000 Personen an Denguefieber sterben; die meisten der Todesopfer sind Kinder.

Dagegen wurde 2015 allerdings ein Impfstoff entwickelt, nachdem der französische Pharmakonzern Sanofi festgestellt hatte, dass das Denguefieber eine sich ausbreitende Krankheit ist und es sich also lohnt. Auch gegen das Gelbfieber, das mit Leberschäden einhergehen kann, gibt es inzwischen einen Impfstoff. Die WHO schätzt, dass jährlich 200.000 Personen erkranken und 30.000 Personen an Gelbfieber sterben; ungefähr 90 Prozent der Infektionen entfallen auf den afrikanischen Kontinent.

Flughafen-Malaria

Anders ist es bei der Schlafkrankheit, die von einem Einzeller herrührt, den die Tsetsefliegen beim Stechen und Blutsaugen übertragen. Dagegen wurde zwar ein Medikament entwickelt, aber die jährlich 70.000 damit infizierten und dahinsiechenden Afrikaner sind kein lukrativer Markt, der Pharmakonzern vermarktete den Impfstoff deswegen lieber als Enthaarungsmittel.

Auch das Sumpffieber (Malaria) rührt von einem Einzeller her, er wird von der Ano­pheles-Mücke übertragen, 200 Millionen Menschen erkranken jährlich daran, wovon über eine Million stirbt.

Hierzulande gibt es die Mücke bisher aber nur eingeschleppt, wo sie gelegentlich die sogenannte Flughafen-Malaria verursacht. Mit der Klimaerwärmung und der Rekultivierung von Mooren und Sümpfen könnte sich das jedoch ändern.

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