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Catastroika Griechenland 2012, R: Aris Chatzistefanou, Katarina Kitidis / Originalfassung mit deutschen Untertiteln

Die Dokumentation ist ähnlich plakativ und von Empörung getragen wie ihr Titel. Aber wie ist ein Film über die erst anlaufende „Verramschung des griechischen Gemeinwesens zugunsten internationaler und griechischer Konzerne“, so der Filmkommentar, überhaupt möglich? Mit einem Feuerwerk an Querverweisen: Globalisierungskritisch werden die Privatisierung von Staatseigentum und die daraus resultierenden Folgen an Beispielen aus England, Paris, der ex-DDR, Rom und Kalifornien analysiert.

Der Begriff Catastroika wurde für das Finanzkrisenmanagement der EU-Bürokratie in Griechenland ein zweites Mal erfunden. Bereits als die Sowjetunion zusammenbrach, nannten KritikerInnen die sich nun an kapitalistischen Marktregeln orientierende Politik der sowjetischen Bürokratie unter Gorbatschow Catastroika. So hat der Film einen Einstieg, der gleich mittenrein geht. In Interviews schildern die der linken Opposition Russlands verbundenen Wissenschaftler Alexander Buzgalin und Boris Kagarlitzky, wie aberwitzig, irrational die Privatisierungen abliefen: Das Verschleudern von Fabrikkomplexen, Hotels, einfach allem weit unter Wert, wobei sich rasant eine neue Oligarchie bildete. Naomi Klein schildert die sozialen Folgen: Verarmung großer Bevölkerungsteile, die sich nur noch mit eigenen Gärten versorgen konnten, Kinderprostitution, Ausbreitung von Aids, der Rückgang der durchschnittlichen Lebenserwartung um zehn Jahre – „die Dezimierung einer Nation“, erklärt Naomi Klein verschwörungstheoretisch angehaucht.

Catastroika zeigt anschaulich den Siegeszug des so genannten „Neoliberalismus“, beginnend mit der brutal marktwirtschaftlichen Diktatur Pinochets in Chile. Der schwammige, plakative Begriff Neoliberalismus wird im Film oft genannt. FinanzmarktkritikerInnen bezeichnen so gerne vereinfachend Politiken der staatlichen Deregulierung und der Privatisierung von Staatsbetrieben und -behörden ebenso wie Sozialabbau und den Abbau sozialer und ArbeitnehmerInnenrechte.

Der Film zeigt beispielhaft Privatisierungen: Etwa der Eisenbahnen in England, der Wasserversorgung in Paris, der Stromversorgung in Kalifornien. Und deren Folgen. Und den Widerstand aus der Bevölkerung, aus den Betrieben. Die Fülle an Fallbeispielen ist beeindruckend.

Der engagierte Dok-Film der beiden griechischen JournalistInnen hatte am 26. April im Internet Premiere. Dort ist er seitdem frei zugänglich. Er wurde unter einer Creative Commons-Lizenz produziert. Die FilmemacherInnen zeigen so eine Alternative zur Privatisierung von Wissen Ressourcen.

Catastroika läuft jetzt in Anwesenheit eines der beiden Regisseure, Aris Chatzistefanou in mehreren Städten.  GASTON KIRSCHE

Fr, 20.30 Uhr, Kino im Sprengel, Klaus-Müller-Kilian-Weg 1, Hannover. So, 18 Uhr, Cine-k, Kino in der Kulturetage, Bahnhofstr. 11, Oldenburg. Di, 18.45 Uhr, Cinema Ostertor, Ostertorsteinweg 105, Bremen. Infos: www.catastroika.com