Aus drei mach vier

In Berlin sollen Gemeinschafts-
schulen zur fixen Schulform werden

Von Anna Klöpper

In Berlin sorgt eine geplante Änderung im Schulgesetz derzeit für eine erneute Debatte über die Gemeinschaftsschule. Der rot-rot-grüne Senat will das erfolgreiche Pilotprojekt (siehe Interview), wo leistungsstarke und -schwächere Kinder von der ersten bis mindestens zur 10. Klasse zusammen lernen, künftig als gleichberechtigte Schulform neben den Grundschulen, Sekundarschulen und Gymnasien im Berliner Schulgesetz verankern. Die entsprechende Gesetzesvorlage soll noch vor der Weihnachtspause im Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Vergangene Woche hat bereits der Bildungsausschuss der Gesetzesänderung zugestimmt. Somit hat Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) die Zukunft eines ihrer Leib-und-Magen-Projekte langfristig gesichert: Ein Schulversuch kann schnell mal wieder beerdigt werden. Bei einer gesetzlich verankerten, gleichberechtigten Schulform ist das schon ungleich schwerer.

Das weiß auch die Berliner CDU. Die läuft deshalb auch Sturm gegen Scheeres’ Gesetzesänderung, die Anfang 2019 in Kraft treten soll. Konkret fürchtet man bei der CDU um die Wahlfreiheit der Eltern: Wenn die zuständige Grundschule im Einschulungsbereich nun ausgerechnet eine Gemeinschaftsschule ist, sei das ein „schwerer Eingriff“ des „angeblich so toleranten rot-rot-grünen Senats“, sagte CDU-Landeschefin Monika Grütters. Die Eltern hätten „kein Widerspruchsrecht und somit keine Möglichkeit, ihr Kind auf eine herkömmliche Grundschule zu schicken“.

Tatsächlich kann man im Anmeldeprozedere durchaus versuchen, sein Kind an einer anderen als der zuständigen „Einzugsgrundschule“ unter­zubringen – zum Beispiel indem man das Schulamt glaubhaft davon überzeugt, dass man ein bestimmtes pädagogisches Konzept für das Kind wünscht. Allerdings muss man in der Realität für solche Extrawünsche auch durchaus bereit sein, sie mittels einer Schulplatzklage vor Gericht durchzuboxen: Schulplätze sind an fast allen Grundschulen knapp, normalerweise sind die Schulen bereits mit den Kindern aus dem Einschulungsbereich voll.

Die Berliner Grünen beschlossen derweil auf ihrem Landesparteitag am Wochenende ein klares Bekenntnis pro Gemeinschaftsschule, von denen es derzeit 24 im Pilotprojekt gibt. Ein Antrag der Grünen Jugend ging sogar so weit, das Gymnasium zugunsten einer Schulform für alle komplett abzuschaffen – das war den meisten aber dann doch zu radikal. Geht es nach den Grünen, soll das Land in Zukunft den Bau von Gemeinschaftsschulen besonders fördern. Berlin investiert in den kommenden zehn Jahren rund 5,5 Milliarden Euro in neue Schulinfrastruktur.