Biokraftwerk-Betrug vor Gericht

ENERGIE Mit extrem hohen Renditeversprechen soll eine Firma 1.400 Anleger abgezockt haben

„In einigen Jahren gibt es nur noch solche Motoren“

ANWALT DER ANGEKLAGTEN

NÜRNBERG/FÜRTH taz/dapd | Es ist einer der größten und wahrscheinlich skurrilsten Prozesse wegen eines mutmaßlichen Millionenbetrugs im Bereich erneuerbarer Energien. Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth müssen sich seit Montag zwölf Männer und eine Frau verantworten. Sie sollen laut Staatsanwaltschaft 1.417 Käufern für rund 62 Millionen Euro Bio-Blockheizkraftwerke verkauft, aber nie geliefert haben. Laut Anklage hat es nicht einmal einen funktionierenden Prototyp gegeben.

Die Motoren dieser ab 10.000 Euro erhältlichen Anlagen sollten mit einem Gemisch aus Wasser und Rapsöl angetrieben werden. Den Käufern wurde mit Verweis auf die Einspeisevergütung aus dem Erneuerbare-Energieen-Gesetz (EEG) eine jährliche Rendite von 30 Prozent versprochen. Die war zwar anfangs an die Käufer ausgezahlt worden, doch das Geld kam laut Staatsanwaltschaft aus den Einzahlungen neuer Kunden, nicht aus dem Betrieb der Kraftwerke. Am Mittwoch verteidigte sich der Hauptangeklagte: „Ich werde beweisen, dass kein Betrugsfall vorliegt“, sagte der 40 Jahre alte Horst K.

Wie skurril die Gruppe der Angeklagten ist, zeigte sich vor Gericht: Der Angeklagte Guido K. ist vor Prozessbeginn geflohen und erst am Mittwoch gefasst worden. Guido K. bezeichnet sich selbst als Außenminister eines selbst gegründeten Staates namens Germanitien. Er lehnt eigentlich die Justiz und die sonstigen Organe der Bundesrepublik kategorisch ab. Dennoch werde er sich nicht auf seine „diplomatische Immunität“ stützen. „Wir haben uns die Hand darauf gegeben“, erklären seine beiden Pflichtverteidiger nun. Die mit Rapsöl befeuerten Kraftwerke, welche die GFE-Group, die „Gesellschaft zur Förderung erneuerbarer Energien“, verkaufen wollten, sollten angeblich 75 Prozent der Energie in Strom umwandeln, bei angeblichen Weiterentwicklungen kam rechnerisch ein Wirkungsgrad von über 100 Prozent heraus – ein Ding der Unmöglichkeit. „In einigen Jahren gibt es nur noch solche Motoren“, prophezeite trotzdem der Wahlverteidiger einer der Angeklagten. Generell gelten Blockheizkraftwerke als extrem effizient, weil sie neben Strom auch Wärme erzeugen und damit bis zu 90 Prozent der freigesetzten Energie nutzen können.

Einige der nun Beschuldigten sollen sich der Anklagebehörde zufolge seit rund zehn Jahren kennen. Bereits in der Vergangenheit hätten ihre Geschäftsideen die Ermittler auf den Plan gerufen. Vor Gründung der GFE sollen sie beispielsweise eine Platte vertrieben haben, die nach Montage im Kofferraum eines Fahrzeugs den Spritverbrauch um bis zu 50 Prozent reduzieren sollte. Nun droht ein langwieriger Prozess: Einer der Angeklagten erlitt in der Untersuchungshaft einen Schlaganfall. Wegen seines Gesundheitszustands wurde der erste Verhandlungstag mehrfach unterbrochen und schließlich nach drei Stunden beendet. Dass die 28 angesetzten Hauptverhandlungstermine reichen werden, daran glaubte schon zu Prozessbeginn fast niemand mehr. Ihr Geld werden die Geprellten wohl auch nicht wieder sehen: Lediglich 15 Millionen Euro konnten bisher sicher gestellt werden. Der Rest floss laut Staatsanwaltschaft größtenteils in die Vertriebsstruktur. Auch die Geschäftsgründer sollen kräftig profitiert haben.

HEINZ WRANESCHITZ