Abschiebungen nach Syrien: Ein Ministerium, zwei Meinungen
Innenminister Horst Seehofer schließt derzeit die Abschiebung von Asylbewerbern nach Syrien aus. Ein Staatssekretär sieht das anders.
Berlin taz | Horst Seehofer (CSU) ist immer wieder für eine Überraschung gut. „Im Moment kann in keine Region Syriens abgeschoben werden, das gilt auch für Kriminelle“, sagte der Bundesinnenminister am Freitag dem Spiegel laut Vorabmeldung.
Die Begründung dafür liefert ihm der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amts (AA) zur Sicherheit in Syrien. Es seien Fälle bekannt, „bei denen Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert wurden oder dauerhaft verschwunden sind“, heißt es darin. Das Außenministerium warnt, Rückkehrern drohe die Rache des Regimes von Präsident Baschar al-Assad. „Der Bericht des Auswärtigen Amts ist plausibel“, sagte Seehofer. Abschiebungen von straffälligen Asylbewerbern nach Syrien seien damit ausgeschlossen.
Am gleichen Tag sagte Seehofers parlamentarischer Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) der FAZ, es gebe in dieser Frage noch keine abgestimmte Position der Bundesregierung. Auch Mayer verweist auf die Lageeinschätzung des AA. Gleichwohl kommt er zu der Schlussfolgerung, dass man trotzdem „erwägen“ sollte, „mit der Abschiebung von Straftätern und Gefährdern zu beginnen“, sagte Mayer. Ein klares Nein zu Abschiebungen klingt anders. Was gilt also nun?
Auf Nachfrage der taz bestätigt das Innenministerium, dass es noch keine abgestimmte Position in dieser Frage gebe. Die Aussagen Seehofers würden lediglich „seine aktuelle Einschätzung der Situation“ wiedergeben. „Eine Entscheidung ist damit nicht verbunden.“ Man warte die Beratungen der Innenministerkonferenz ab, die kommende Woche in Magdeburg tagt. Derzeit gilt der Abschiebestopp nach Syrien offiziell noch bis Ende Dezember. In Magdeburg soll über eine eventuelle Ausweitung beraten werden.
Landesinnenminister fordern Abschiebungen
Aus dem Kreis der Landesinnenminister kam in der Vergangenheit immer wieder die Forderung, straffällige Asylbewerber auch nach Syrien abzuschieben, zum Beispiel von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Im Wahlkampf um den CDU-Vorsitz hatte das auch kürzlich die Kandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer gefordert.
2012 wurde die deutsche Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus aus Sicherheitsgründen geschlossen. Insgesamt sind rund 800.000 Syrer seit dem Beginn des Bürgerkriegs 2011 nach Deutschland geflohen. Sie stellen die größte Gruppe unter den Schutzsuchenden in Deutschland.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl begrüßte die Aussagen Seehofers zu Abschiebungen nach Syrien. Ein Abschiebestopp müsse aber auch für Afghanistan und Irak gelten, forderte die Organisation. In keines der Krisenländer sei mittelfristig eine Rückkehr von Flüchtlingen in Sicherheit und Würde möglich.
Die syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad ruft derweil offiziell Flüchtlinge zur Rückkehr auf. Sogar ein Minister für Flüchtlingsrückkehr wurde ernannt und eine Rückkehrkommission eingerichtet.