berlinmusik: Komplexe Klänge
Dem britischen DJ und Produzenten T. J. Hertz wurde schon immer schnell langweilig, wenn sich alles allzu sehr im Loop, in der Spule abspielte. Der in Berlin lebende Musiker mochte es auch schon in der Vergangenheit hochkomplex und polyrhythmisch – mit seinem neuen Album „Cocoon Crush“ legt er nun ein ultravielschichtiges Album vor, das zu den Highlights der elektronisch-experimentellen Musik in diesem Jahr zählt. Darauf entfernt er sich denkbar weit von gängigen Techno- und Housebeats, eher ist „Cocoon Crush“ eine Klangforschung, die Elemente von Electronica, Krautrock, Neuer Musik, Ambient und Synth-Pop aufgreift und noch Reste von Techno in sich trägt. Es knistert und knarrt, es crasht und crusht, es zischt und zirpt; es sind Soundscapes, die ständig in Bewegung sind, die man sich gut zu düsteren Kurzfilmen vorstellen könnte. Tiefgründige Sounds von großer Schönheit, ungefähr so eindrücklich wie die in Sprudelwasser getauchte Aechmea-Pflanze auf dem Cover des Albums.
Komplexe Klangwelten sind auch bei P. A. Hülsenbeck zu hören, allerdings sind diese in erster Linie manuell erzeugt. Der Musiker mit dem klingenden Namen ist kein Unbekannter, Philipp Hülsenbeck war jahrelang Gitarrist der Indie-/Elektropop-Band Sizarr, die sich im September aufgelöst hat. Nun legt Hülsenbeck sein erstes Solowerk, „Garden Of Stone“, vor, ein äußerst ambitioniertes Stück Musik zwischen Kammerpop, Jazz, Folk und Indie. Am besten gefällt mir „Garden Of Stone“ dort, wo es weltmusikalische Abbiegungen nimmt wie in „Aya On Canvas“, und auch, wo es – wie im eröffnenden „Anima“, in „Säule“ und „Vessel“ – sphärische Klangkunst zu hören gibt. Das geht dann fast schon in Richtung Echtzeitmusik, in anderen Stücken kommen einem Künstler wie Grizzly Bear als Referenz in den Sinn. Dass Hülsenbeck auf so viele Instrumente zurückgreift – unter anderem Saxofon, Trompete, Horn, Schlagzeug, Zither – und sich in keiner Weise begrenzt, macht sich bezahlt. Allerdings wird auch deutlich, dass dieses Album eines ist, bei dem der Künstler auf der Suche nach einem Sound, nach einer eigenen Sprache ist. Gut klingt diese Suche allemal. Jens Uthoff Objekt: „Cocoon Crush“ (PAN/Al!ve), live: 30. Dezember, Tresor
P. A. Hülsenbeck: „GardenOf Stone“ (Altin Village/Mine)
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