Saaldiener mal ohne Uniform

SPANIEN Der nationalistisch inspirierte Generalstreik im Baskenland stört die Filmfestspiele nicht

Am Ende ist es dann doch einigermaßen ruhig geblieben am Mittwoch in San Sebastián, trotz der Auseinandersetzungen am Tag zuvor bei Protesten in Madrid. In der baskischen Küstenstadt finden derzeit die Internationalen Filmfestspiele statt. Bereits vor einigen Wochen hatten die nationalistischen Gewerkschaften hier zu einem Generalstreik am 26. September aufgerufen. Medienwirksam will man so während der 60. Ausgabe des Filmfests in der Autonomen Gemeinschaft Baskenland gegen die Sparmaßnahmen der spanischen Regierung protestieren.

Die Festivalleitung hatte früh eingelenkt und das Programm an diesem Tag fast komplett auf null gefahren. Lediglich die Vorführungen im Kursaal, zentraler Austragungsort des Wettbewerbs, fanden statt. Intern wurden die Saaldiener angehalten, auf ihre üblichen Uniformen zu verzichten, um Provokationen zu vermeiden. Ticketschalter und Infostand bleiben geschlossen. Auch auf dem Boulevard vor dem Kursaal sind die Geschäfte zu, in Schaufenstern hängen „26-S“-Plakate, wie der Streik in Anlehnung an die „25-M“ Bewegung getauft wurde.

Vor der ersten Pressevorführung des neuen Films von Bahman Ghobadi tritt Festivaldirektor José Luis Rebordinos auf die Bühne, doch statt eines Kommentars zu den Protesten gibt er lediglich eine Erklärung zur fehlerhaften Kopie des Films. Die internationale Presse nimmt die Proteste gelassen, weh tut es auch niemandem. Hotels beteiligen sich nicht am Streik. Kaum einem der ausländischen Gäste ist bewusst, dass der Generalstreik von den Gewerkschaften der baskischen Nationalisten initiiert ist, die den Widerstand der Bevölkerung gegen die Sparmaßnahmen für ihre Zwecke nutzen wollen.

Am Ende der Kundgebung, bei der Tausende friedlich über den Boulevard Richtung Rathaus marschieren, wird zuerst die Internationale angestimmt, dann die baskische Freiheitshymne. Kurz darauf öffnen bereits einzelne Restaurants wieder. Zu kleineren Auseinandersetzungen kommt es abseits des Festivalzentrums. Eine Bäckerei, die dem Aufruf der Gewerkschaften nicht folgt und Brötchen verkauft, wird mit Steinen beworfen.

Einige Barbesitzer beklagen sich über Gängeleien und lassen weniger aus Solidarität denn aus Angst ihre Türen verschlossen. Auch Ladengeschäfte und Supermärkte bleiben für den Rest des Tages zu. Am Abend sind die Pintxos-Bars wieder gerammelt voll. THOMAS ABELTSHAUSER