Galerie im Turm: DDR-Noir
Die Hocker an der Partytheke sind in Zick-Zack-Form, die schwarz laminierten Sperrholzschränke im Dreieck-Look, auch die feschen Muster auf den Stuhlbezügen künden mit Brush-Effekt sowie querschießenden Linien so Großes wie Freiheit und Individualität im Heimdekor an: Wie ein Heilsversprechen, so zeigt Henrike Naumann in ihrer Ausstellung in der Galerie im Turm, haben sich billige Repliken des Memphis-Designs in den neunziger Jahren in die Wohnzimmer Ostdeutschlands gedrängt. Doch Naumanns filmsetartige Installationen greifen ein Unbehagen auf, das bis in die Gegenwart reicht: DDR-Souvernirs, rechtsradikale Symbole und Accessoires des Kapitalismus vermengen sich in ihren poppig-bunten Kabinetten zum szenischen Spiegel einer zerrissenen Gesellschaft. Diesen überblendet die Künstlerin mit ihrer ganz eigenen Familiengeschichte, wenn sie die längst vergangen Figuren aus den Gemälden ihres Großvaters, der in der DDR ein erfolgreicher Künstler war, über die beklemmenden Interieurs blicken lässt. (soj)
Bis 6. 1., Mo.–So. 11–20Uhr, Frankfurter Tor 1
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