piwik no script img

Herbert Grönemeyer über Deutschland„Widerstand darf auch Spaß machen“

Sein neues Album „Tumult“ bezeichnet Herbert Grönemeyer als hochpolitisch. Ein Gespräch über Merkels Versäumnisse und den Kampf gegen rechts.

Herbert Grönemeyer Foto: Antoine Melis
Doris Akrap
Interview von Doris Akrap

taz am wochenende: Herr Grönemeyer, denk ich an Deutschland in der Nacht …

Herbert Grönemeyer: … bin ich relativ entspannt.

Denk ich an Deutschland in der Nacht 2015 im Vergleich zu 2018 …

… hab ich das Gefühl, dass wir reifen.

Warum lautet der Titel Ihres neuen Albums trotzdem „Tumult“?

Weil wir vor Herausforderungen gestellt sind und Stellung beziehen müssen, vielleicht für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Und das ist anstrengend.

Die Herausforderung ist der „Bodensatz, der nie schläft“, von dem Sie auf Ihrem neuen Album sprechen?

Ja. Aber er ist heute deutlich brisanter als etwa noch vor 20 Jahren. Wir leben in einer sehr wackeligen und nervösen Phase. Dennoch halte ich die Situation mit den Geflüchteten für einen Glücksfall. Wir sind nun gezwungen, Empathie zu entwickeln, und ich finde es äußerst beeindruckend, wie viele Menschen in Deutschland das getan haben und sich nach wie vor um Geflüchtete kümmern. Das macht mir tierisch Mut und darin sehe ich eine Riesenchance. Aber die Politik hat diese einzigartige Situation, in der etwas sehr Identitätsstiftendes für die Gesellschaft drinsteckte, schleifen lassen. Die Menschen wurden nicht einbezogen und die Probleme nicht klar und ehrlich benannt. Das führte zu großem Unverständnis.

Sie haben die Kanzlerin auf der #unteilbar-Demo für ihr Kommunikationsdefizit kritisiert. Ist die AfD ein Produkt von Merkels Regierungsstil?

Angela Merkel löst gerne Aufgaben. Sie ist Physikerin. Dass sie den Mut und die Stärke hatte, die Lösung für das Drama der Geflüchteten zu suchen, rechne ich ihr hoch an. Aber ihr eventuelles Defizit war ihr stiller Stil. Das mag aus ihrer Sozialisierung im Osten kommen. So wie auch ihr Satz ‚Wir schaffen das‘ die Menschen im Osten sehr wahrscheinlich an die Plakate erinnert hat, die in der DDR sehr gerne hingen. Merkel ist nicht schuld am Erstarken der Rechten. Das ist kein spezifisch deutsches Phänomen. Aber eines ihrer Versäumnisse war, dass sie uns nie die Mentalität der Menschen im Osten nähergebracht hat. Wer repräsentiert die Ostdeutschen eigentlich?

Im Interview: Herbert Grönemeyer

Der Musiker

1956 in Göttingen geboren. Seit seinem Album „4630 Bochum“ war jedes seiner neun Alben auf Platz 1 der deutschen Musikcharts. Grönemeyer war Theater- und Filmschauspieler („Das Boot“). Er komponierte neben dem WM-Hymne „Zeit, dass sich was dreht“ auch Film- und Bühnenmusik („A Most Wanted Man“). Er ist Gründer des Labels Grönland Records und engagiert sich in verschiedenen politischen und sozialen Kontexten, unter anderem gegen Nazis, für Geflüchtete, für afghanische Frauen. Zuletzt trat er auf der Bühne der #unteilbar-Demonstration auf.

Die Neue

Auf Grönemeyers neuer Platte „Tumult“ sind 16 Lieder versammelt, darunter der Song „Doppelherz“, den er gemeinsam mit dem Rapper BRKN auf Türkisch singt. Ab März 2019 geht er von Flensburg bis Dresden auf Tumult-Tour. CD: 14,99 Euro. Vinyl: 21,99 Euro.

Von Einheit keine Spur?

Deutschland ist ein irre komplexes Land, und wir haben bis heute noch nicht entschieden, ob es dieses Land überhaupt gibt. Es ist eine Konstruktion, die unter Bismarck notdürftig zusammengeflickt wurde. Nur weil wir eine Wirtschaftsmacht sind, tun wir so, als wären wir die Allergrößten. Dabei haben wir eine ganz fragile Familienstruktur. Es ist nie darüber gesprochen worden, was für dramatische Unterschiede es in den ost- und westdeutschen Kulturen gibt. Warum gibt es bis heute kein Fernsehformat, in dem zu einem Thema drei Menschen aus dem Westen, drei aus dem Osten Stellung nehmen?

Ihre „Tumult“-Tour 2019 verzeichnet bisher nur zwei Termine im Osten. Werden Sie im Osten als westdeutscher Popstar wahrgenommen?

Gar nicht. Ich habe mit den Menschen im Osten eine enge Geschichte. Ich hab mich immer geweigert, in der DDR zu spielen. Es gab Angebote der DDR-Regierung, die gingen bis zu 3,5 Millionen Ostmark. Aber die Menschen schrieben mir Briefe, in denen sie mich baten, nicht zu spielen, weil die Regierung das für sich ausschlachten würde und die Karten zentral verteilt würden. Lange Jahre nach der Wiedervereinigung kam eine ältere Dame in Dresden zu mir und sagte: „Sie sind einer der Wenigen, der uns nicht verraten hat.“ Ich glaube, ich kann sagen, dass das Publikum im Osten mir zugewandt ist und liebevoll begegnet.

Ist es Zufall, dass „Tumult“ am deutschesten aller Daten, am 9. November erschienen ist?

Ja. Da hat niemand dran gedacht. Schließlich hab ich mal geschrieben: „Schafft den November ab, das Leben ist schon schwer genug.“

Ihr Großvater war Leiter einer Kohlegrube, Ihr Vater hat vor Stalingrad seinen Arm verloren, Sie selbst wurden berühmt durch die Rolle als Nazi in „Das Boot“ und sind erfolgreichster deutschsprachiger Sänger mit Texten gegen Männer und Nazis. Deutscher kann keine Biografie sein.

Ja, ich bin aber deswegen irre deutsch, weil ich beide Seiten in mir habe, Ost und West. Mein Vater war Westfale, meine Mutter stammte aus Estland. Meine Tanten haben russische Lieder am Kinderbett gesungen. Mein Hang zu Kitsch, Emotionen, Überschwänglichem, kommt sicher daher. In „The Shortest History of Germany“ erläutert James Hawes seine interessante Theorie des ost- und westelbischen Deutschlands: Zugespitzt gesagt, gab es immer ein liberales, der Aufklärung zugeneigtes linkselbisches Deutschland inklusive Bayern. Und dann gab es das ostelbische mit den Junkern und Preußen. Ich bin also in der Tat sehr deutsch, weil ich diese beiden Enden habe und nicht, weil ich ein stoischer Westfale wäre. Im Übrigen ist dieses Büchlein, anders als die deutsche Geschichte, irre lustig.

Der Deutsche hat es halt gern schwer.

Deswegen hat ja auch der ganze britische Rock, Pop und Punk diese Kraft und Wucht: Weil es immer diese verschmitzte Leichtigkeit, diesen Witz hatte, noch im ernstesten aller politischen Lieder.

Wir leben in einer sehr wackeligen und nervösen Phase. Dennoch halte ich die Situation mit den Geflüchteten für einen Glücksfall. Wir sind nun gezwungen, Empathie zu entwickeln

Herbert Grönemeyer

Halten Sie sich für witzig?

Ich bin nicht albern und beanspruche auch nicht den Titel Großer Witzemacher. Wenn ich aber singe, „Schick den Bauch nach Frankreich“, ist das ja nun nicht nur Biermann oder Degenhardt. Trotzdem dachte ich, als ich mich kürzlich auf YouTube „Heimat“ singen hörte: Oioioi, scheiße, bist du ernst.

Sind Sie Rock- oder Popmusiker?

Ich mache Pop mit Punk-Elementen.

Und Schlager?

Bloß nicht. Ich versuche immer was in meiner Musik zu haben, was auch irritiert.

Ihr neues Album erscheint wie ein Manifest zum Handeln. Früher hätte man gesagt Agit-Prop.

Mag sein.

Also ja?

„Tumult“ ist auch ein hochpolitisches Album, ja. Der Song „Taufrisch“ zum Beispiel ist der Versuch, zum politischen Handeln aufzurufen, aber mit einer anderen Attitüde als die radikalen Linken früher. Nicht von oben herab und ohne Angst. Nicht mit germanischem Geröhre, sondern lässig.

So wie in dem Song „Fall der Fälle“. Da kämpft eine Frau darum, „keinen Millimeter nach rechts“ zu gehen und leistet „ganz ruhig“ Widerstand. Wie geht ruhiger Widerstand?

Ich weiß von mir selber, wie schnell man im Kopf mal austickt oder wie schnell man was ablehnt oder beurteilt. Als Teil der Gesellschaft aber bin ich nicht abgekoppelt und was Besseres, nur, weil ich Linker bin. Die Frau in dem Song hat in der organisierten Linken, in der Antifa ihre Heimat und ihr Zuhause gefunden. Sie ist aber nicht so blasiert zu glauben, dass sie deswegen nicht anfällig für rechte Vorstellungen sei. Sie muss immer wieder dagegen kämpfen. Sie will Widerstand leisten. Aber cool.

Würden Sie sich als Linken bezeichnen?

Ja.

Sie benutzten schon immer und ständig ein sehr emphatisches Wir. Muss man, wenn man derzeit von „wir“ spricht, zugeben, dass das nach rechts gerückt ist?

Nein. Ich sehe die Gefahren von rechts, auch aufgrund der deutschen Mentalität und Geschichte. Aber die deutsche Gesellschaft ist aufgeklärter und nuancierter als je zuvor und stabiler, als man denkt. Es sei denn, man redet ihr noch fünf Jahre ein, dass sie es nicht ist.

Dass die AfD in den Umfragen derzeit gleichauf mit der SPD ist, macht Ihnen keine Sorgen?

Nein. Mir ist es lieber, ich weiß, wo die Krankheit sitzt, wo in meiner Obstschale die Zitrone liegt, die versucht, die anderen Zitronen zu ärgern. Szenen wie in Chemnitz halte ich für hochkriminell. Aber das macht mir keine Angst. Die Medien müssen jetzt eben auch mal Position beziehen. Auch der Journalist darf und muss dazu eine Haltung haben. Die Bedrohungslage ist doch allen bewusst. Es werden Ängste geschürt und eine Fremdenfeindlichkeit behauptet, die es in dem Ausmaß gar nicht gibt. Nur weil Herr Gauland meint, er hätte einen geilen Popsong erfunden, auf dessen Refrain manche abfahren, braucht er nicht zu denken, dass wir jetzt alle sein Zeug kaufen.

„Tumult“ ist also ein Gegenalbum?

Könnte man so sagen. Gesine Schwan hat es so formuliert: „Leichter Sinn ist die Grundlage von Mut. Leichtsinn ist das Gegenteil.“ Besser kann man es nicht sagen. Ich finde, Widerstand und politisches Handeln darf auch Spaß machen.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Fühlt sich ein arbeitsloser Bergarbeiter von dem Wir eines in der weiten Welt zu Hause seienden Grönemeyer angesprochen?

Das glaube ich schon. Ich komme aus dem Ruhrgebiet, einer Arbeitergegend. Ich weiß, wie diese Menschen ticken. Sie sind klug und wesentlich wacher als wir Bildungsbürger. Ich kenne ihren Stolz und ihre Feinheit. Sie werden unterschätzt, nicht ernst genommen, und das macht mich so wütend und deswegen rede ich von „wir“. Das Ruhrgebiet hat teilweise eine schlechtere Infrastruktur als der Osten. Aber ich verstehe, was die Menschen im Osten aufregt: Ich kenne das Gefühl, leise belächelt zu werden. Als ich meine verstorbene Ehefrau, die aus Hamburg stammte, kennenlernte und ich ihr sagte, wo ich herkomme, war das kurz so, als hätte ich Kasachstan oder Neu-Guinea gesagt. Es wird Zeit brauchen, bis die Menschen, die sich nicht gehört und belächelt fühlen, wieder erreicht werden. Da sind wir gefälligst gefragt: So, wie machen wir das jetzt? Wir sind die Kapitäne, die Kanzlerin ist nur der Schulsprecher. Nur weil der gerade geht und auch mal weg ist, dürfen wir das Schiff nicht untergehen lassen.

Waren Sie mal Schulsprecher?

Nein, aber in mein Zeugnis hat der Lehrer mal geschrieben: Er ist sehr vorlaut und frech, aber ein guter Klassensprecher.

Wollten Sie mal Politiker werden?

Niemals. Aber dieses Land interessiert mich nun mal einfach. Nach der Wiedervereinigung hab ich beispielsweise in Leipzig-Grünau ein Jugendheim für rechte Jugendliche aufgemacht. Da haben mich viele für übergeschnappt erklärt: die Stadt, die Politiker, die Jugendlichen sowieso. Aber ich hab es durchgesetzt und es hat funktioniert. Ein Politiker, der sich anfangs dagegen sträubte, hat sich mit dem Projekt dann profilieren können und hat Karriere gemacht.

Sie haben lange in London gelebt. Wie guckt man von da auf Berlin?

Wenn man aus einem Land weggeht, guckt man mit einer anderen Zuneigung auf das Land. Wenn man selber drin lebt, neigt man dazu, Dinge präziser zu sehen und anzuprangern, aber man verliert auch ein bisschen den Überblick. Mein Co-Produzent Alex Silva kommt aus Wales und erzählt, dass die Engländer abends zusammen essen gehen, um danach fröhlich ins Bett zu fallen. Die Deutschen hingegen würden sich abends zum Essen treffen, und egal wie nett und lustig die Runde anfangs war, am Ende alle deprimiert nach Hause gehen. Immer würde am Ende über Politik diskutiert und festgestellt, wie furchtbar alles ist. Stundenlang sich in ein Problem zu verheddern, anstatt über eine Lösung zu reden, ist schon oft eine deutsche Mentalität. Die Frage ist jetzt allerdings: Wie schaffen wir es, aus dieser Mentalitätsverhedderung rauszufinden?

Ist das die Frage, die hinter dem Begriff „Transit“ steckt, der auf „Tumult“ vorkommt?

Mein Traum wäre eine Neustrukturierung der Gesellschaft. Das Tollste wäre, eine Gruppe aus den Bereichen Kultur, Journalismus und Wirtschaft zu bilden, die keine Profilneurose hat und die drei Jahre lang eine neue Blaupause entwirft, ohne sich damit brüsten zu wollen. Wie können wir eine Struktur schaffen, in der die Menschen ernst genommen werden und wo aus allen Zutaten was vernünftig Neues entsteht? Hallo, hallo, hallo? Hört ihr uns? Darum geht es. Wie können Krankenschwestern in Pflegeberufen besser bezahlt werden? Wie verhindern wir, dass alleinerziehende Mütter nicht in die Armutsfalle kommen?

Klingt da so was wie ein Zweifel an der Repräsentationsfähigkeit der Volksparteien an?

Eher ein Zweifel an der Eitelkeit. In der Politik und den Talkshows eiern solche Eitelkeiten durch die Gegend, anstatt diese rechten Typen ordentlich in die Mangel zu nehmen. Das Problem besteht darin, dass man eitel wird, wenn man Macht hat und erfolgreich ist. Wenn ich jetzt so klug vor mich hin rede, unterliege ich dem ja auch. Wie schafft man es, uneitel zu bleiben? ­Damit kämpfe ich auch immer rum. Deswegen erzähle ich erst heute von dem Jugendheim in Leipzig. Ich kann im Nachhinein zumindest belegen, dass ich versucht habe mich zu ­kümmern.

Beschreibt Ihr Album „Tumult“ auch das Problem des Übergangs in eine immer ausdifferenziertere Gesellschaft, in der es eben auch immer schwieriger wird, von einem einheitlichen Wir zu sprechen?

Klar. Wir sind in einer Zeit, in der wir uns nicht an irgendwas klammern können. Wir müssen uns mit einem gewissen Chaos auseinandersetzen. Das Chaos ist in Ordnung. Die Dinge liegen nun mal nicht ein für allemal in ein und derselben Schublade. Es gibt keine Leitkultur und wir entwickeln gerade auch eine neue Lässigkeit.

Woran machen Sie die fest?

Sehr viele, auch Jugendliche lassen sich von dem ganzen Quatsch gar nicht irritieren. 250.000 Menschen sind gegen rechts auf der Straße gewesen. Wir sind nicht verstört und wollen nicht für blöd verkauft werden. Dieses Gefühl hat die Politik sehr lange vermittelt.

Das Bild der humorlosen, steifen Kartoffel ist falsch?

Dieses leicht Geduckte, das ist unser Selbstbild, und das stimmt so nicht. Weil wir zu so vielem Neuen in der Lage sind und dadurch eine zeitgemäße, geistige Lebendigkeit entwickeln.

In dem Song „Kopf hoch, tanzen“ sangen Sie „Du küsst so wunderbar deutsch“. Wie schmecken deutsche Küsse?

Präzise und knackig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 9G
    99960 (Profil gelöscht)

    Ist es kein „von oben herab“, wenn man keinen Milimeter weicht von der eigenen Attitüde, selbst wenn man sich auf tiefe Überzeugen, wie Menschenrechte beruft? Wir gehen doch dann dabei davon aus, dass der andere einfach keine nachvollziehbaren Motive für sein Handeln hat und da wir nicht der andere sind, fehlt uns sein Kontext, um zu verstehen, was ihn antreibt. Es fällt uns sehr leicht Mitgefühl mit etwas zu entwickeln, dass wir für uns selbst als gut erkannt oder durch Erziehungvermittelt bekommen haben. Aber ist es nicht die eigentlich wichtigere Aufgabe, auch das von uns angelehnte als Handlungsmotiv anzuerkennen, hier die Grenzen zu überschreiten und zu sehen, dass auch das Menschen sind, die ihre Gründe und ihre Geschichte haben, die man nicht einfach marginalisiern kann, weil sie nicht unserer Empfindung entsprechen. Viele der angelehnten Eigenschaften sind übrigens auch in den wohlmeinenden vorhanden, zumindest latent. Vor einem Totalitarismus ist auch der edelste Mensch nicht sicher, egal für wie lässig links er sich selber hält.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @99960 (Profil gelöscht):

      Widerspruch, @Widerspruch!

      Das, was Sie schreiben, klingt sehr danach wie das Reden um den heißen Brei.

      Also: Butter bei die Fische. Wenn Sie in der Denke von Gröni den Ausdruck von Totalitarismus empfinden, schreiben Sie es doch genauso.

      Damit kann man sich dann - anders als beim gezeigten Herumgeeiere - auseinandersetzen.

      Und damit Sie schon wissen, woher der Wind bei mir weht: für mich zählt zunächst, ob eine Aussage richtig oder falsch ist. Mir ist eine richtige "von oben herab" hundert Mal lieber als eine falsche, die basisdemokratisch herausgearbeitet wurde.

      Das alte Thema: Form und Inhalt. Erst der Inhalt, dann die Form.

      • 9G
        99960 (Profil gelöscht)
        @76530 (Profil gelöscht):

        @Wolfgang Leiberg Ich eiere nicht rum und sage nicht, dass Grönemeyer totalitär ist. Ich stelle eine Frage, die ich als wesentlich erachte und versuche meine Erfahrungen und Erkenntnise in Bezug auf den Umfang mit gegenteiligen Meinungen darzustellen. Ich bin nicht mehr in der Lage, die Dinge so klar als wahr bzw. falsch zu bewerten, darauf weiße ich ihn, auch wenn ich gewiss Tendenzen habe. Ich empfehle, den Kontext des Gegenüber einzubeziehen, selbst wenn er in unseren Augen ein Faschist ist. Ihrer Aussage „erst Inhalt, dann die Form“ möchte ich Marshall McLuhans „das Medium ist die Botschaft“ entgegensetzen.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @99960 (Profil gelöscht):

          Genau das schrieb ich bereits: Sie sagen nicht klar und deutlich, dass Gröni totalitär sei. Ihr Schlusssatz spielt aber zumindest damit. Das war und ist meine Kritik.

          Ich mag Grönemeyer, könnte aber auch damit leben, wenn Sie ihn totalitär fänden. In diesem Fall würden mich die Gründe für diese Behauptung interessieren.

          Wenn Sie Fragen stellen, finde ich das gut - und (Selbst)Zweifel sind auch mir nicht fremd. Was mir nicht klar wird: wessen Kontext wollen Sie hier einbeziehen? Den von Grönemeyer? Oder den von jenen, die er besingt?

          Marshall McLuhans Aussage ist mir seit meinen Studienjahren in den 1970ern geläufig. Griffig - aber für mich inhaltlich wenig überzeugend. Das ist heute nicht anders.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Gerne stimme ich Gröni zu, wenn er meint, Widerstand und politisches Handeln dürften Spaß machen.

    Allerdings ist es wichtig, zwischen dem primären politischen Anliegen und dem Sekundäreffekt Spaß zu differenzieren: Politik ist der Inhalt (für Linke der Wunsch zur Veränderung der sozialen Frage). Spass ist ein Transportmittel.

    Wer a u s s c h l i e ß l i ch den Spass sucht, wer lediglich gut drauf sein möchte, ist nicht politisch, sondern banal und oberflächlich. Politik braucht Ernsthaftigkeit und Tiefgang.

    Was die deutschen Küsse angeht: die können sehr unterschiedlich ausfallen. Zwischen trocken und schlabbernd, zwischen verlegen und verwegen, zwischen flüchtig und ausufernd. Als a so called "Kussmonster" weiß ich, wovon ich schreibe. "Präzise" Küsse kenne ich indes keine.