Nils Schuhmacher
Hamburger Soundtrack
: Menschen, die es nicht leicht haben

Menschen, die es nicht leicht haben, heute: Natalie Prass (13. 11., Uebel & Gefährlich, Turmzimmer). Die US-amerikanische Singer-/Songwriterin mit starken Bezügen zum Sixties-Soul- und zum Funk-Genre hatte bereits ihr fertig geschriebenes zweites Album in der Tasche. Sie musste dann aber den Reset-Knopf betätigen, weil „der Typ im Weißen Haus dazwischenkam“, wie es der Rolling Stone locker-flockig formulierte.

Damit fiel zum einen die Siegesparty für Hillary Clinton aus. Zum anderen erhielt „The Future and the Past“ zwar kein musikalisch, aber doch textlich ganz anders gestricktes Gewand, mit dem sich Prass nun in die immer größer werdende Schlange politisch wachgeküsster Künstler*innen einreiht.

In diesem Sinne ist der Titel auch programmatisch zu verstehen: Ästhetisch bleibt die Platte den von Disco, Motown und 90er-R’n’B geprägten Zeiten verhaftet. Inhaltlich werden in einer Vielzahl der Songs die verschiedenen regressiven Entwicklungen verhandelt, für die die Trump-Ära steht. Oder genauer: das eigene Erschrecken über einen Zustand, in dem der Begriff „Zukunft“ seinen ganz eigenen schalen Geschmack erhält. Zumal es um Zukunft bei Figuren wie Donald Trump ja augenscheinlich gar nicht mehr geht, wie man hinzufügen möchte.

Eine auf Wikipedia zu findende Information – „Die Musikerin lebte ab 2005 neun Jahre lang in Nashville, zog dann enttäuscht nach Richmond, Virginia“ – erweitert derweil den Betrachtungsraum. Sie legt außerdem Spuren, zum Beispiel zu John Grant (13. 11., Kampnagel), einem notorisch ernst dreinblickenden Zeitgenossen.

Der aus Colorado stammende Musiker hat bereits an vielen Orten gelebt. Man fühlt sich dazu verleitet, vorschnell zu sagen: Seine Enttäuschung ist in dieser Zeit erheblich gewachsen. Auf den zweiten Blick jedoch entpuppt sich der Mann als jemand, der in seinem Folktronic immer schon jene soziale Tieflagen von Drogen über Depression bis amerikanischer Bigotterie sezierte, die er selbst durchschritten hat und durchschreitet.

Umso erstaunlicher, dass eben nicht tiefe Betrübtheit und Schockstarre vorherrschen. Vielmehr präsentiert Bariton Grant diese ganzen Friktionen in einem schönen Balanceakt zwischen tiefer Menschlichkeit und sarkastischem Witz.

Apropos „Typ im weißen Haus“: Auch Grant kam natürlich nicht umhin, sich mit ihm zu beschäftigen. Er klassifizierte ihn als „smug cunt“ – als einen sehr eitlen Zeitgenossen, der Amok rennt und damit noch prahlt. Treffender hätten es weder Prass noch Trump selbst sicher nicht ausdrücken können.