Erst die Geburt und dann?

Das Informationsbedürfnis werdender Mütter hat sich gewandelt: Vor allem was nach der Geburt kommt, fragen sich viele. Geburtsvorbereitungskurse helfen weiter. Männer können sich in eigenen Runden auf das bevorstehende Ereignis vorbereiten

VON LARS KLAASSEN

Klar, eine Geburt gehört zu den natürlichsten Dingen der Welt. Schon unzählige Frauen haben ohne irgendwelche Vorkenntnisse Kinder zur Welt gebracht. Wozu also ein Vorbereitungskurs? „Tatsache ist, dass eine gut vorbereitete und informierte Mutter die Geburt besser verstehen und bewusster, angstfreier, meist auch schmerzfreier erleben kann“, informiert die Techniker Krankenkasse. „In einem Geburtsvorbereitungskurs können die werdenden Mütter und Väter Fragen stellen und miteinander sowie voneinander lernen.“

Neben gezieltem medizinischem Wissen über den Verlauf von Schwangerschaft und Geburt werden in geburtsvorbereitenden Kursen Kenntnisse über Geburtsmethoden und Hilfsmittel vermittelt. „Auch die ersten Wochen nach der Geburt, mit Informationen zum Stillen und zur Babypflege, sind Thema“, berichtet Helga Albrecht, die als Hebamme am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin tätig ist und Geburtsvorbereitungskurse leitet. Früher hätten Mütter wenig über Schwangerschaft und Geburt gewusst, aber der Umgang mit Säuglingen sei vertrauter Alltag gewesen. Das ist laut Albrecht heute umgekehrt: „Die Geburt ist eine Art Event, die Schwangeren sind meist schon gut informiert. Aber was sie danach erwartet, wissen sie häufig nicht.“ Deshalb gibt es auch gesonderte Säuglingspflegekurse (siehe Kasten).

Doch das Zur-Welt-Bringen spielt nach wie vor die zentrale Rolle: Atemtechniken für die einzelnen Geburtsphasen, kombinierte Atem- und Haltungsübungen, das gemeinsame Geburtserlebnis mit dem Partner und Erfahrungsaustausch sind Bestandteile von Vorbereitungskursen. Meist werden Ideen verschiedener Richtungen aufgegriffen: Wer sich im Vorfeld nach Schwerpunkten erkundigt, kann besser entscheiden, was persönlich passt. Außerdem werden Entspannungsübungen vermittelt. Sie unterstützen den Geburtsvorgang, können aber auch während der Schwangerschaft eingesetzt werden, zum Beispiel gegen Schlaflosigkeit.

In manchen Geburtsvorbereitungskursen machen Frauen gezielte Schwangerschaftsgymnastik. Sie lernen, den Rücken zu kräftigen, ihren Beckenboden zu dehnen oder auch zu pressen. Zu den Angeboten, die von Krankenkassen bezahlt werden (siehe Kasten „Kurs halten“), gibt es häufig noch weitere: „Wir bieten auch Yoga-Übungen sowie Gymnastik mit Tanz an“, berichtet Martina Büttner vom Geburtshaus am Arnimplatz in Berlin. Die Kosten für diese Zusatzkurse müssen Schwangere selbst tragen, „aber das Angebot wird von vielen genutzt“. Auch Akupunktur wird im Geburtshaus am Arnimplatz in der Schwangerschaft zur Geburtsvorbereitung angewendet. Ab der 36. bis 37. Schwangerschaftswoche werden dabei an vier Terminen jeweils für etwa 20 Minuten Nadeln an bestimmte Körperpunkte gesetzt. Dies soll den Muttermund besonders geburtsbereit machen. Tatsächlich scheint die Eröffnungsphase bei akupunktierten Frauen kürzer und der Bedarf an Schmerzmitteln geringer.

Ein zentraler Bestandteil jeder Geburtsvorbereitung sollte jedoch das Gespräch und der Erfahrungsaustausch sein, um Ängste abzubauen und das Selbstvertrauen zu stärken. „In den verschiedenen Kursen für Schwangere, Schwangere mit Partner sowie Frauen, die schon mal ein Kind zur Welt gebracht haben, sind die Themen unterschiedlich akzentuiert“, weiß Nuriam Krewer, die als Hebamme für die Berliner Gemeinschaftspraxis Fera arbeitet. In den Angeboten für Mehrgebärende etwa spiele der Umgang mit dem Erstgeborenen nach der erneuten Geburt eine Rolle. Im Geburtshaus am Klausener Platz in Berlin wird auch den Partnern besonderes Augenmerk gewidmet. „Wir arbeiten mit dem Verein Mannege zusammen, der Männer informiert und berät.“ Vertreter des Vereins setzen sich im Verlauf der Partnerkurse auch separat mit den Vätern zu einer Herrenrunde zusammen, um ungestört über Erfahrungen und Gefühle reden zu können. Denn Geburtsvorbereitung ist auch Männersache.

Geburtshaus am Arnimplatz: www.geburtshaus-am-arnimplatz.de; Geburtshaus am Klausener Platz: www.geburtshausberlin.de; Gemeinschaftspraxis Fera: www.fera-berlin.de; Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe: www.havelhoehe.de; Mannege e.V.: www.mannege.de