Hyperaktive Arbeitsmarktpolitik

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln warnt die Arbeitsagenturen vor Verschwendung von Geldern. Die Agenturen verweisen auf besondere Umstände. Zahlen stammen aus dem Jahr 2003

VON HOLGER PAULER

Aktive Arbeitsmarktpolitik verursacht zu hohe Kosten. Zu dieser Einschätzung kommt zumindest das Institut der deutschen Wirtschaft Köln. In einer Pressemitteilung berichtet das Institut über den verschwenderischen Umgang der Arbeitsagenturen mit öffentlichen Geldern. Besonders die Arbeitsagentur Recklinghausen steht in der Kritik: 37.945 Euro wurden dort im Jahr 2003 durchschnittlich für einen Arbeitslosen ausgegeben, ehe er in den ersten Arbeitsmarkt eingegliedert worden sei. In Siegen seien es nur 7.400 Euro, heißt es in der Studie. Die übrigen NRW-Städte bewegten sich in der Regel zwischen 20.000 und 30.000 Euro pro Person. Die Eingliederungsquoten in ungeförderte Beschäftigungsverhältnisse liegen bei 30 bis 40 Prozent.

Bundesweit liegt Recklinghausen an drittletzter Stelle, knapp hinter Berlin Nord und Berlin Mitte. Im Vergleich mit Agenturen, in deren Bereichen eine ähnlich hohe Arbeitslosigkeit herrsche – 15 Prozent – gab Recklinghausen „17.000 Euro mehr je Eingliederung aus, als andere“, heißt in der Mitteilung. Insgesamt gab die Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2003 11 Milliarden Euro für Weiterbildung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) oder Lohnkostenzuschüsse aus. Das Problem an der Studie: Die Zahlen aus dem Jahr 2003 sind nur bedingt aussagekräftig. „Im Juli 2005 liegen wir sogar an siebter Stelle“, sagte Hartmut Hauschildt, Geschäftsführer der Arbeitsagentur Recklinghausen. Die schlechten Zahlen im Jahr 2003 hätten vor allem mit den Weiterbildungsmaßnahmen für ehemalige Kumpel der im Jahr 2000 dichtgemachten Zeche Ewald in Herten zu tun. Mehr als 800 Bergleute wurden damals für IT-Berufe qualifiziert. „Damals gab es eine sehr große Nachfrage, doch die IT-Welle ist vorbei“, so Hauschildt.

„Seit 2003 gab es einen grundlegenden Wechsel in der Arbeitsmarktpolitik“, sagte Werner Marquis, Sprecher der Arbeitsagentur-Regionaldirektion NRW. Die Maßnahmen seien vor beinahe fünf Jahren genehmigt worden. „Damals war noch mehr Geld vorhanden. Wir orientieren uns mittlerweile auch aus Einspargründen eng an den Betrieben und unterstützen vor allem Maßnahmen, die direkt an Arbeitsplätze gebunden sind“, so Marquis weiter. Im Vergleich zu 2003 seien im vergangenen Jahr die ABM-Maßnahmen um elf Prozent gesunken. Statt 8.000 wurden nur 6.700 Teilnehmer gezählt. „In Spitzenzeiten waren es 30.000“, so Marquis.

Auch die Zahl der Weiterbildungen hat rapide abgenommen: In 2003 waren es noch 40.000, 2004 nur noch 30.400 –ein Rückgang von 34 Prozent. „Zweijährige Umschulungen gehören der Vergangenheit an“, sagte Marquis, „stattdessen werden nur noch kurzfristige, in der Regel zweimonatige Maßnahmen angeboten. Jeder soll nur noch das lernen, was ihm fehlt.“ Früher habe es oft Doppelungen gegeben. Dies sei für die Zukunft nahezu ausgeschlossen.