Neues Album der Kanadierin Foxtrott: Beim ersten Hören direkt ins Herz
Die Produzentin Foxtrott aus Montreal hat mit „Meditations I-II-II“ ein tiefenentspannt prickelndes Elektronikalbum veröffentlicht.
Gründe, mit dem Musikmachen anzufangen, gibt es viele. Marie-Hélène L. Delorme aus dem kanadischen Montreal begann unter dem Namen Foxtrott Songs zu komponieren, um ihren Ängsten beim Erwachsenwerden entgegenzutreten. Das habe gut geklappt, sagt die 32-Jährige. Nach Veröffentlichung ihres Debütalbums „A Taller Us“ (2015) und der anschließenden Tour fühlte sie sich emotional gefestigt, kam innerlich zur Ruhe.
Auf ihrem nun veröffentlichten zweiten Album „Meditations I-II-III“ untersucht Foxtrott, wie sie ihr Innenleben mit der Außenwelt in Beziehung setzen kann. Das klingt überhaupt nicht verkopft, sondern trifft schon beim ersten Hören direkt ins Herz und bewegt auch sofort das Tanzbein. Lange Zeit arbeitete Delorme als Tonmeisterin für Filme. Man hört das ihrem Sound an, der sich durch Detailreichtum und Raffinesse in der Mischung auszeichnet.
Im Song „Intuition“ singt sie über immer wiederkehrende, verschnupft hypnotische Pianoakkorde, die bald von Synthiekaskaden und Drumsounds mit Orff’scher Rhythmik akzentuiert werden, mit spröder, bisweilen an die Hamburger Künstlerin Sophia Kennedy erinnernder Stimme: „Let the waves come to me, rearrange and free what I’ve been holding my whole life.“
Kraft der Wellen
Die neu ordnende und befreiende Kraft von Wellen macht Foxtrott hörbar, in dem sie den Text dicht aneinander schneidet. „With you I’m home and I’m well“ singt sie weiter und meint damit die Intuition, doch auch die Zuhörerin kommt innerlich zur Ruhe und fühlt sich angenehm befreit. Foxtrott begreift zu Hause, oder größer gefasst, die Heimat als einen inneren Zustand, ein Gefühl. Und riechen sollte es dort gut.
Die ersten beiden Teile der Synthpop-gewordenen Meditationen veröffentlichte Foxtrott im Lauf des Sommers als EPs, die sie jetzt zusammen mit dem dritten Teil als Album veröffentlicht. Produziert und eingespielt hat sie „Meditations I-II-III“ in der mexikanischen Stadt Oaxaca: Vogelgezwitscher und Polizeisirenen, die beim Aufnehmen im mobilen Ministudio durchs Fenster hereindrangen, sind in mehreren Songs zu hören.
Foxtrott: "Meditations I-II-III" (One Little Indian/Indigo)
Das ist die reale Entsprechung der Fenstermetapher, die sie auf die „Meditations“ anwendet. Sie plädiert für die geöffnete Variante, ist der Welt zugewandt. Sich zu öffnen und Gefühle preiszugeben birgt die Gefahr, verletzt zu werden, denn die Welt ist wundervoll und grausam zugleich, wie sie sagt. Aber Gegensätze wie Liebe und Angst, individuelle Bedürfnisse und Beziehungsnetze, das Innere und das Äußere gehören für Delorme zusammen und in Beziehung gesetzt.
Selbstbewusstes Shuffeln
Ihre Meditationen transportieren diese Überlegungen in Musik und Texten auf ganz simple, einleuchtende Weise: Sie strotzen vor Kraft und Selbstbewusstsein und wirken gleichzeitig zart und verletzlich. Im Song „Wait“ muss erst einmal alles warten, bis sie sich ihrer Rolle in einer Beziehung und generell ihrer Gefühle bewusst ist, umgesetzt hat sie das in einen shuffelnden Elektronik-Beat, der einerseits nach vorn drängt und zugleich zum Innehalten einlädt. Sirenenartige Sounds fordern zum Handeln auf, während ihre tiefe Stimme zur Ruhe gemahnt.
Die atemberaubende Erkenntnis, im Gegenüber die Person gefunden zu haben, bei der man sich sicher, aber nicht eingeengt fühlt, transportiert sie im Song „Better with you“ mit einem pulsierenden Herzschlagbeat mit Schnappatmung, der Text „Just take me to a place / You know where I can lean … / within your embrace I know that I can breathe“ kulminiert in einem strudelig mantrisch wiederholten „Better with you“. Und tatsächlich: „Meditations I-II-III“ versetzen einen an einen Ort, an dem alles besser ist. Und gut riechen tut es dort auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!