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Mineralwasser nach Hause zu schleppen, lohnt sich für die meisten Menschen nicht. Für die Ernährung wird es nicht gebraucht. Die Unterschiede zum Hamburger Trinkwasser sind oft marginal

von gernot knödler

Die Reichweite der These vom homo oeconomicus, dem Menschen als Nutzen-Kosten-Maximierer, endet beim Mineralwasser. Vielhundertmal teurer als Leitungswasser wird es kästenweise in die Wohnungen geschleppt. Dabei bietet es in vielen Fällen wenig bis gar nichts mehr als schlichtes Leitungswasser – weder beim Mineraliengehalt noch bei der Reinheit. Für Hamburg, wo ausschließlich Grundwasser, teils aus großer Tiefe gefördert, durch die Leitungen rauscht, gilt das besonders.

125 Liter Mineralwasser haben die Deutschen im vergangenen Jahr getrunken, hat der Verband Deutscher Mineralbrunnen ermittelt. 1980 waren es erst 40 Liter. Ein Blick ins Ladenregal zeigt: Für jeden Liter geben sie zwischen 30 und 70 Cent aus, auf Reisen sogar weitaus mehr. Der Liter Leitungswasser kostet in Hamburg knapp 0,14 Cent. Der Unterschied zwischen diesen Wassern besteht oft im Wesentlichen darin, dass das eine in Flaschen abgefüllt wird und das andere aus der Leitung strömt.

„Natürliches Mineralwasser“ darf nur aus amtlich zugelassenen Brunnen aus vor Verunreinigungen geschützten Vorkommen gefördert werden. Es muss von „ursprünglicher Reinheit“ sein und kann besonders viele, aber auch besonders wenige Mineralstoffe enthalten. Die Grenzwerte für Schadstoffe sind sogar weniger streng als beim Trinkwasser aus der Leitung. Das Drittel des Trinkwassers, das in Deutschland nicht dem Grundwasser entnommen wird und Schadstoffen ausgesetzt ist, wird aufwendig gereinigt und akribisch überwacht.

Der Schadstoff- und Mineraliengehalt des Wassers, das aus den 18 Brunnen der Hamburger Wasserwerke (HWW) gefördert wird, kann unter www.hww-hamburg.de/html/nav/f_nav.phtml?woher=b7 eingesehen werden. Ein Vergleich mit gängigen Mineralwassern ist ernüchternd: Der Calciumgehalt zum Beispiel, wichtig für Knochen und Muskeln, schwankt beim Leitungswasser zwischen 33 Milligramm pro Liter im Wasserwerk Neugraben und 114 Milligramm bei Wasser aus Stellingen. Das Fürst-Bismarck-Mineralwasser aus dem Sachsenwald enthält 60 Milligramm, Hella-Mineralwasser von der Rellinger Firma Hansa-Heemann 59,2, die französischen Mineralwasser Volvic, Evian und Vittel 11,5 Milligramm, 78 und 91 Milligramm.

Das gleiche Muster zeigt sich beim Hydrogencarbonat, mit dem Mineralwasserhersteller gerne werben. In die Spanne der HWW fallen 116 Milligramm im Werk Neugraben und 214 Milligramm im Wasserwerk Walddörfer. Im Bismarck-Mineralwasser sind 183 Milligramm enthalten, in Hella 149, in Volvic, Evian und Vittel 71, 357 und 258 Milligramm pro Liter.

Die verschiedenen Gehalte gerade der französischen Mineralwasser spiegeln die Wünsche der Kundschaft. Der eine wünscht ein mineralienarmes Wasser, weil er Versalzung fürchtet. Eine Zeit lang war es sogar Mode, das Wasser zu filtrieren, um ihm Mineralstoffe zu entziehen. Der andere wünscht sich ein möglichst mineralienreiches Wasser, weil er Verluste beim Schwitzen ersetzen will.

„Wer sich vollwertig ernährt, ist ausreichend mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgt und kommt ohne den Konsum von Mineralwasser aus“, stellt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung fest. Für manche Menschen könne das Trinken calcium- und magnesiumreichen Mineralwassers allerdings sinnvoll sein, etwa Sportler und Menschen, die an Osteoporose leiden oder gegen Kuheiweiß allergisch sind – Kuhmilch enthält besonders viel Calcium. Mindestens 150 Milligramm Calcium pro Liter, und mindestens 50 Milligramm Magnesium müsse solches Wasser enthalten.

Den Magnesium-Wert erreicht keines unserer Beispiele. Heilwasser, deren medizinische Wirkung nachgewiesen sein muss, enthalten einzelne dieser Stoffen in wesentlich höheren Mengen. Modeprodukte wie levitiertes Wasser, Mondwasser und mit Sauerstoff versetztes Wasser können sich darauf nicht berufen.