Vom Kampf gegen die „Äääähs“

Vielen Landespolitikern ist es unangenehm, dass sie Rednerschulungen und Rhetoriktrainings absolvieren. In Bremen haben sich nur wenige Politiker fortgebildet. Sie wollen ihre Zuhörer nicht über Gebühr langweilen, sagen sie

Frank Pietrzok ist einer der wenigen Politiker, die darüber sprechen. Der Bremer SPD-Bürgerschaftsabgeordnete gibt offen zu, dass er sich rhetorisch fortgebildet hat. „Ich habe das gezielt gesucht, weil ich glaube, dass man sich in allen Berufen fortbilden sollte, denn die Professionalisierung nimmt zu“, sagt der 41-Jährige. Um „meine Zuhörer nicht zu langweilen“ und „politisch etwas dazuzulernen“ hat Pietrzok darüber hinaus ein Seminar zum strategischen Verhandlungsmanagement besucht.

Vielen Abgeordneten ist es immer noch unangenehm, ebenso wie den Parteien und Fraktionen, die am liebsten gar nicht sagen wollen, wer sich professionell schulen lässt. Und auch die Trainer wollen über ihre Kunden keine Auskunft geben. „Man baut hier in höchstem Maße vertrauen auf“, erklärt eine Lehrerin, die nicht mehr über ihre Arbeit sagen will.

Dabei ist die Suche nach professionellen Rhetorik- und Redentrainern nicht leicht. „Man muss genau hinschauen. Coach kann sich schließlich jeder nennen“, sagt Felix Holefleisch, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen. In seiner Bürgerschaftsfraktion sei die Fortbildung die Ausnahme.

Bei der CDU haben sich mehr Abgeordnete trainieren lassen. Parteisprecher Michael Ihly hat selbst ein Seminar zum Interviewtraining gegeben. „Vor allem für Newcomer im Parlament ist es wichtig, zu lernen, wie man mit Presseanfragen umgeht“, sagt der gelernte Journalist. Es komme darauf an, dass Parlamentarier sich besser verkaufen könnten. Manche Redner lernten so ihre Nervosität zu bekämpfen und „ihre Äääähs in den Griff zu bekommen“. Einige Abgeordnete würden darüber hinaus noch privat andere Seminar besuchen, etwa beim Bildungswerk der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.

Die SPD unterhält gar eine richtige Parteischule, an der sich Redner unterrichten lassen können. Dazu kommt die Kommunalakademie der Partei, die Rhetoriktrainings anbietet.

Frank Pietrzok überlegt, in seinem Ortsverband Sachverstand einzuholen. „Wir müssen über professionellere Veranstaltungen nachdenken.“ Bei SPD-Sitzungen gehe es manchmal noch zu wie zu Zeiten von Urgestein August Bebel.

Nicht alle glauben, dass gute rhetorische Fähigkeiten entscheidend sind. Martin Prange, Geschäftsführer der SPD-Bürgerschaftsfraktion hat ein Bild von August Bebel in seinem Büro und sagt: „Letztlich ist doch wichtig, dass sich jemand in die Sachpolitik einarbeitet. Wir sind ein kleines Bundesland, da sind große Reden nicht immer gefragt.“ kay müller