Solidarnosc in Bremen

Es war eine kleine Spur der Weltgeschichte, die zufällig nach Bremen führte, sagt Holger Wessels heute über die Geschichte, die er in seiner Videodokumentation „Mit dem Herzen in Danzig“ erzählt. Als in Polen im Dezember 1981 das Kriegsrecht ausgerufen wurde, war zufällig eine Delegation der Danziger Gewerkschaft in Bremen. Drei Jahre lang blieben einige von ihnen hier im Exil, richteten ein Büro ein und organisierten den Widerstand. Im Rahmen der Wanderausstellung „Wege zur Freiheit – über Solidarnosc nach Europa“, die vom 28. August bis zum 14. September in der unteren Rathaushalle gezeigt wird, sollte dieser Bezug zur historischen Wende in Osteuropa beleuchtet werden. Die Landesbildstelle produzierte eine Dokumentation, die in der Ausstellung in einem eigens dafür eingerichteten Raum gezeigt wird. Wessels, der seit 20 Jahren meist Schulprojekte mit Videos dokumentiert, und sich ohne großen künstlerischen Anspruch einfach „Produzent“ nennt, machte für „Solidarnosc“ alles alleine: Recherche, Interviews, Kamera, Ton, Schnitt – bis zum DVD-Cover.

Zwangsläufig besteht seine Dokumentation in erster Linie aus sprechenden Köpfen, unterbrochen nur durch Nahaufnahmen von Zeitungsausschnitten, Fotos und Originaldokumenten. Dadurch bekommt das Video einen eigenen, minimalistischen Stil. Man achtet auf die Gesichter von Walter Franke, Hans Koschnick, Bernd Neumann und Olaf Dinné und merkt dabei, wie professionell sie sich inszenieren – vor welchen Bücherregalen oder Fotos. Die polnischen Zeitzeugen agieren dagegen viel unsicherer vor der Kamera, doch gerade darum wirken ihre Sequenzen wahrhaftiger. Wenn sie etwa davon erzählen, wie sie damals von der bunt schillernden Warenwelt des Westens überwältigt wurden. Wilfried Hippen