Über den Rückzug der Grünen Stefanie von Berg: In Zukunft nur noch Petersilie
Seitdem die Grüne Stefanie von Berg ihren Rückzug als Abgeordnete bekannt gab, weil die zeitliche Belastung mit ihrem Job als Lehrerausbilderin nicht mehr vereinbar war, spricht die Stadt darüber, ob Hamburg nicht ein Vollzeit-Parlament braucht. Das Thema ist gesetzt.
Doch zu dieser Personalie ist mehr zu sagen. Der Abgang wirkt betont unpolitisch. Doch Stefanie von Berg war eine der wenigen, die 2015 den Koalitionsvertrag mit der SPD kritisierte und warnte, Grün dürfe in der Schulpolitik nicht nur „Petersilienbegleitgrün“ sein. Sie war 2010 eine glühende Verfechterin der sechsjährigen Primarschule und des längeren gemeinsamen Lernens. Mit ihrem Abschied verblasst die letzte Erinnerung an die Ära der früheren grünen Schulsenatorin Christa Goetsch, die 2004 mit dem Konzept „neun macht klug“ – neun Jahre gemeinsames Lernen für alle Kinder – die Vision einer menschlichen Schule schuf.
Diese grüne Kampfansage an ungerechte Verhältnisse ist endgültig Geschichte. Die Grünen wollen den sogenannten „Schulfrieden“, der 2010 nach dem verlorenen Primarschul-Volksentscheid zwischen allen Parteien außer der Linken geschlossen wurde, für weitere fünf Jahre verlängern. Das heißt, an der Aufteilung der Kinder nach Klasse 4 in die beiden Säulen Gymnasium und Stadtteilschule wird nicht gerüttelt, weiter werden jeden Sommer Hunderte von Sechstklässlern das Gymnasium verlassen müssen. Die aktive Schulpolitik wird dem Einfallsreichtum („mehr Hausaufgaben“) des konservativem SPD-Manns Ties Rabe überlassen.
Einzig als Variante fordern die Grünen nun, dass Stadtteilschulen und Gymnasien sich 30 Prozent ihrer Kinder selbst aussuchen dürfen sollen – statt nur nach dem Wohnortprinzip. Das gab es schon mal als Schulversuch und ist ein alter Hut. Und es ist umstritten, weil es zur Bildung von unbeliebten Restschulen führen kann. Die Linke warnt, es sei eine unsolidarische Variante. Mal sehen, ob die SPD das mitmacht. Oder die Grünen nur noch die Koalitions-Petersilie sind. Kaija Kutter
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