heute in hamburg: „Demokratie immer stärker unter Druck“
Thomas Paulsen, 51, ist im Vorstand der Körber-Stiftung für die Bereiche Demokratie, Engagement, Zusammenhalt sowie Internationale Verständigung verantwortlich.
Interview Marthe Ruddat
taz: Herr Paulsen, die „Tage des Exils“, die insgesamt dritten, werden in diesem Jahr erstmals von der Körber-Stiftung veranstaltet – warum gerade jetzt dieses Engagement?
Thomas Paulsen: Die Demokratie auf der ganzen Welt gerät immer stärker unter Druck, auch in Deutschland. Wir haben das Gefühl, dass wir uns in diesen Zeiten noch mehr für den Zusammenhalt in Deutschland und eine lebendige Bürgergesellschaft einsetzen müssen.
Also hat das Programm auch eine politische Dimension?
Wir sind überzeugt, dass es ein Gebot der Menschlichkeit ist, Menschen in Not Schutz zu gewähren. Aber natürlich hat das Thema Exil eine große politische Dimension. Das wird zum Beispiel deutlich am Staatsbesuch von Präsident Erdoğan und den Auseinandersetzungen um die Person von Çan Dündar, dem Journalisten, der in der Türkei angeklagt wurde und hier in Deutschland im Exil lebt und arbeitet. Oder daran, wie viele Menschen in Deutschland Schwierigkeiten haben mit denen, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind.
Warum heißt das Ganze eigentlich „Tage des Exils“ und nicht zum Beispiel „Tage der Geflüchteten“?
„Tage des Exils“: Eröffnung und Gespräch mit Abbas Khider: 19Uhr, Körber-Forum, Kehrwieder 12, Eintritt frei. Programm bis 16. 11., www.tagedesexils.de
Wir sehen mit großer Sorge, dass häufig pauschal abwertend über „die Migranten“ oder „die Flüchtlinge“ gesprochen wird. Das Wort Exil zielt auf die individuelle Erfahrung und erinnert daran, dass viele Menschen aus ihren Herkunftsländern vertrieben wurden, weil sie unsere Werte von Demokratie und Menschenrechten teilen und sich dafür engagieren. Und genau die möchten wir in den Blick nehmen. Menschen, die sich hier in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen, zum Beispiel als Autor, Wissenschaftlerin oder Künstler. Das Fremde wird heruntergebrochen auf einzelne Menschen. Die Besucher können sich mit ihnen, ihrer Identität und ihren Verlusterfahrungen auseinandersetzen.
Das Programm beschäftigt sich auch mit der historischen Dimension von Exil.
Die Zeit des Nationalsozialismus war prägend für den Begriff des Exils, den wir heute noch benutzen. Dass jemand sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzt und deshalb aus seiner Heimat vertrieben wird, das ist heute so wie damals. Deshalb gibt es auch eine Reihe von Veranstaltungen über Menschen, die vor langer Zeit ins Exil gegangen sind.
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