Skandal und Ordnung

Vermutlich hätte er sich in der taz nicht besonders wohlgefühlt, es aber am Ende genauso gelassen ertragen wie bei seiner eigenen Zeitung: Arthur Ochs Sulzberger mochte keine unaufgeräumten Redaktionen. Als Verleger und Herausgeber der New York Times hätte es sich „Punch“ Sulzberger durchaus leisten können, hierüber das ein oder andere Wort zu verlieren. Doch er setzte seine Macht und immensen Kompetenzen lieber dort ein, wo sie hingehörten: „Er stellte die besten Redakteure ein und überlies den Journalismus dann den Journalisten“, so Pulitzerpreis-Träger Nicholas Kristof in seinem Nachruf in der NYT.

Die Karriere im familieneigenen Zeitungshaus war dem 1926 in New York geborenen Sulzberger in die Wiege gelegt. Schon mit 37 wurde „Punch“, dessen Spitzname nichts mit dem Zeitungsgeschäft, sondern dem angelsächsischen „Punch & Judy“-Kasperletheater zu tun hat, Verleger des Blattes.

1971 veröffentlicht die NYT die „Pentagon Papers“, geheime Berichte über den Krieg in Vietnam, Lügen und Vertuschungen. Die rund 7.000 Seiten hat Sulzberger selbst gelesen, die Artikelserie muss gegen Präsident Nixon bis zum Supreme Court verteidigt werden. Arthur Ochs Sulzberger wird zur Legende.

1992 gibt „Punch“ Sulzberger das Tagesgeschäft, 1997 auch den Aufsichtsratsvorsitz an seinen Sohn Arthur Ochs Sulzberger jr. ab. Trotz sinkender Auflagen und Ausfällen im Werbegeschäft hält auch der die NYT weiter auf Kurs: Während überall in den USA große Blätter verschwinden oder wie gerupfte Hühner daherkommen, spielt der Journalismus bei der NYT weiterhin die erste Geige – ganz im Sinne von Arthur Ochs „Punch“ Sulzberger, der am Samstag im Alter von 86 Jahren gestorben ist. STEFFEN GRIMBERG