„Fans sollten das wissen“

Über die Vergangenheit von Hamburger Stadien

■ 63, schreibt über Sportgeschichte. Zuletzt erschien sein Buch „Julius Hirsch. Nationalspieler. Ermordet. Biografie eines jüdischen Fußballers“.

taz: Herr Skrentny, was ist an Sportgeschichte sonderlich interessant?

Werner Skrentny: Sie lebt in der Erinnerung der Menschen fort. Sportgeschichte ist Alltags- und Sozialgeschichte. Sportstätten sind Orte der Begegnung. In Ländern wie den USA wird an diese Vergangenheit genauso erinnert wie an politische Ereignisse. Ich finde es schade, dass das hier nicht so ist.

Ein Hamburger Problem?

Ja, in anderen deutschen Städten gibt es Sport-Denkmäler. So führt in etwa Nordrhein-Westfalen eine Deutsche Fußballroute durch Gelsenkirchen, Dortmund oder Köln. Da hat Hamburg ein Defizit.

Was wurde hier versäumt?

Bis in die 80er Jahre gab es überall nur die so genannte Eins-zu-Null-Berichterstattung, es ging allein um Spielergebnisse. Da wurde nie gefragt: Wie war das zur NS-Zeit? Was ist mit den jüdischen Sportlern passiert? Fans sollten über die Vergangenheit ihres Vereins Bescheid wissen. Denn sie spiegelt immer auch die Phasen deutscher Geschichte wieder.

Auch in Eimsbüttel?

Ja. Hier fand im Stadion Hoheluft des SC Victoria 1926 ein Länderspiel zwischen der Sowjetunion und der deutschen Arbeitersportauswahl statt. Das war eine Sensation. Und 1932 sprach im selben Stadion Adolf Hitler.

Muss die Geschichte eines Vereins denn in der Gegenwart Konsequenzen für ihn haben?

Ich denke schon. Erst vor einigen Jahren hat etwa der FC St. Pauli Gedenktafeln für die Opfer des Nationalsozialismus angebracht. Und der HSV hat den Ausschluss von Mitgliedern aus rassistischen und politischen Gründen nachträglich aufgehoben. Das war 2010.  INTERVIEW: KLU

Vortrag „Sportstätten in Eimsbüttel“: 20 Uhr, Geschichtswerkstatt Eimsbüttel, Sillemstraße 79