DIE WERBEPAUSE
: Herrenmenschenmode

Eigentlich ist es nur eine Anzeige für einen Trenchcoat des Modelabels Hugo Boss. Doch wie der junge Herr so dasteht – gerade Gesichtszüge, schneidige Schulterpolster, angedeutete Schulterabzeichen – fällt es nicht schwer, an einen feschen Wehrmachtssoldaten auf Ausgang zu denken.

Naziästhetik als Mode – Aufregung verursacht das kaum. Angesichts des Retrohungers der Modeindustrie war es ja nur eine Frage der Zeit, bis auch die Herren in den schwarzen Ledermänteln mal dran waren.

Und schließlich ist ja auch irgendwie was dran an dieser beunruhigenden Ästhetik des Faschismus, mit der in der Popkultur längst ganz selbstverständlich gespielt wird – siehe Rammstein. Selbst der renommierte Theaterregisseur Reinard von der Thannen, Professor für Kostümdesign an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg, attestiert den Uniformen der Faschisten, vom Modischen her sehr eindrucksvoll zu sein: Elegant geschnitten und den Körper überbetonend.

Erstaunlich: Wenn man bedenkt, welche Proll-Kluften Läden wie Thor Steinar heutzutage für Möchtegern-Odinisten bereithält, muss man feststellen, dass Nazimode ganz schön abgebaut hat.

Dass ausgerechnet Hugo Boss mit soldatischem Chic spielt, ist – je nach Perspektive – eine befremdliche oder folgerichtige Form des Umgangs mit der Vergangenheit: Schließlich wurde das als Hersteller von Berufskleidung gegründete Unternehmen in den dreißiger Jahren von überzeugten NSDAP-Mitgliedern geleitet und lieferte Uniformen für SA, SS, Wehrmacht und HJ.

ERIK WENK