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Bei Naturkosmetik rücken neben den ökologischen auch soziale Aspekte in den Fokus. 200 zertifizierte Rohstoffe des fairen Handels lassen sich in der Kosmetik einsetzen

Naturkosmetik machte 2017 knapp 9 Prozent des Umsatzes mit Kosmetik in Deutschland aus. Wird die naturnahe Kosmetik mit eingerechnet, die neben natürlichen Inhaltsstoffen auch synthetische enthält, sind es rund 17 Prozent. Zahlen, die jährlich steigen.

Immer mehr Firmen werben mit Attributen wie „bio“, „pflanzlich“ oder „green“. Ein einheitliches EU-Siegel, wie etwa bei Bioprodukten, gibt es nicht, dafür aber zertifizierte Produkte. In Deutschland zeichnen etwa NaTrue, BDIH, Ecocert oder Demeter aus. Generell gilt, kontrollierte Naturkosmetik sollte weder Erdölprodukte wie Silikone oder Paraffine enthalten noch Bestandteile von toten Wirbeltieren wie Murmeltierfette oder Nerzöle.

Als potenzielle Käufer, die sowohl älter als auch jünger geworden sind, kommen mittlerweile 18- bis 65-Jährige infrage. Eine Klientel, die in Drogerien bedient wird, aber auch für Großkonzerne interessant ist. Verbraucher*innen, die sich nicht nur am Preis, sondern an Werten orientieren, gewinnen an Bedeutung. Hier knüpft Fairtrade-Naturkosmetik an, die neben den natürlichen Inhaltsstoffen die soziale Komponente in den Fokus rückt.

Von Jana Janika Bach

Spätestens seitdem eine leicht reizbare Kleopatra bei Uderzo und Goscinny in Honig-und- Eselsmilch-Bädern entspannte, hat solch königliches Pflegeritual auch etwas Komisches. Heute haftet Naturkosmetik und ihrer Verwendung längst nichts Elitäres mehr an. Und dem Image, nur einen kleinen Kreis von Ökopuristen und Idealisten zu gefallen, ist sie obendrein entwachsen: In den letzten dreißig Jahren ist die Naturkosmetik von der Nischenware zum Trendsetter aufgestiegen. Neben den ökologischen rücken so auch soziale Aspekte in den Fokus.

„2014 haben wir einem deutschen Markt erstmalig Kosmetik mit Fairtrade-Zutaten vorgestellt, obwohl sie international schon länger geführt wurde,“ so Claudia Brück, Vorstandsmitglied von Transfair, der deutschen Mitgliedsorganisation von Fairtrade International. Ein Schritt, der wohlüberlegt war. Denn gerade bei Kosmetik- und Pflegeprodukten, deren Rezepturen sich divers zusammensetzen, konnte das Fairtrade-Siegel nicht ohne Weiteres aufgedruckt werden. Es bedurfte des Hinweises „Mit Fairtrade-Zutaten“ sowie einer Erweiterung des Regelwerks zur Standardisierung.

„Wir leisten entwicklungspolitisch immer auch Aufbauarbeit“, betont Brück. Das Ziel lautet, die Bedingungen der Menschen vor Ort durch fairen Handel zu verbessern. „Generell gilt also, dass alles, was Fairtrade verfügbar ist, auch genutzt wird“, erläutert Brück. „Aus unseren 360 zertifizierten Rohstoffen lassen sich rund 200 in der Kosmetik einsetzten.“ Klassiker wie Sheabutter, Honig oder Zucker finden sich darunter, aber auch neu Gelistetes wie Kokosnussöl, Bienenwachs oder Kakaobutter.

Was für den Endverbraucher angeboten wird, reicht von fair gehandelten Lippenstiften, Körpermilch und Reinigungsgel über Shampoo, Sonnen- und Gesichtscreme bis zum Aftershave, Fuß-Erfrischer und Massageöl – erhältlich in diversen Duftvariationen wie Vanille, Kaffee, Limone oder Kokosnuss. Der Duftstoff für die nach Aprikose riechende Gesichtscreme wird etwa aus Kernen in Pakistan extrahiert, Oliven- und Mandelöle hingegen von einer Produzentenkooperative in Westjordanland gewonnen, erzählt Brück: „Wir arbeiten bei Fair Trade insgesamt in 73 Ländern mit etwa 1.000 verschiedenen Organisationen zusammen.“ Aus diesem Kontingent können die Kosmetikhersteller schöpfen. Die wichtigsten Partner seien hier Ada Cosmetics und Fairsquared.

„Bei uns kommen Öle sehr häufig zum Einsatz, Agan-, Oliven-, Mandel-, Aprikosenkern- oder Kokosöl, aber auch grüner Tee“, erklärt Oliver Gothe, Inhaber und Geschäftsführer der Marke Fairsquared, „und zwar in ihrer maximalen Konzentration.“ Dennoch erscheine der Anteil, der auf der Verpackung als fair gehandelt ausgewiesen werde, oft marginal. Zwar führten die Fairtrade-Label-Organisationen eine Menge an Rohstoffen in ihren Katalogen, aber eben nicht alle. Darüber hin­aus bestünden die meisten Erzeugnisse zum größten Teil aus Wasser. „Ein Inhaltsstoff, der sich nicht zertifizieren lässt“, so Gothe. Gleiches gelte für Konservierungsmittel, die es brauche, um etwa Cremes zu stabilisieren. „Bei Lippenbalsam arbeiten wir anstelle von Wasser mit Wachs oder Ölen.“ Dementsprechend liege der Fairtrade-Anteil auch bei 80 Prozent oder mehr.

Es gibt auch Naturkosmetik, die nicht etwa mit verschiedenen Zutaten zu einer Creme vermischt wird und somit zu 100 Prozent aus fair gehandelten Rohstoffen besteht. Brück habe schon „Kakaoblöcke“ in der Hand gehalten: „Aber ganz ehrlich, mit gewissen Weichmachern ist das angenehmer auf der Haut.“ Auch Sheabutter ist im Stück als Pflegeprodukt erhältlich, doch in Gebrauch ebenso aufwendig. Erst durch Wärme lässt sie sich verreiben. Das ist kaum nutzerfreundlich, ergo auch nicht massentauglich.

Einfache Produkte wie Handcremes sind besonders beliebt, berichtet auch Gothe. Begonnen hat Fairsquared mit der Fertigung von Kondomen aus Naturkautschuk. „Wir sind auch organic, halal, von der Vegan Society zertifiziert und komplett klimaneutralisiert“, so Gothe. 2019 werde man zudem plastikfrei sein.

Zu 90 Prozent sei seine Kundschaft weiblich, so Gothe, bei einer Quote von neun zu eins würde im Netz geordert. Auch lasse sich deutlich ein Nord-Süd-Gefälle ausmachen. In Spanien zum Beispiel sei die Bereitschaft längst nicht so ausgeprägt wie weiter gen Norden, Geld für Fairtrade-Ware auszugeben. Ebenso unterschiedlich ist das, was gekauft werde. So finden im Süden etwa Haaröle reißenden Absatz, in Norwegen oder Schweden hingegen Fetthaltiges.

Noch sei das Fairtrade-Segment der Naturkosmetik in Deutschland klein, sagt Brück. So belief sich der letzte Jahresumsatz auf knapp eine halbe Million Euro, von insgesamt 11,3 Milliarden. Allerdings wachse der Anteil leicht, und die Tendenz gehe stetig nach oben.