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: Wenn Praktis in die Politik gehen

Damals hatte die taz bremen noch täglich vier Seiten und saß in einem Eckhaus an der Weser und vis-à-vis der Kirche, in deren Pfarrhaus Friedrich Engels in seiner Lehrzeit untergebracht gewesen war. Auch die Redaktion hatte mehrere Praktis – und Jan-Philipp Albrecht war einer von ihnen. In den eiskalten ersten Monaten des Jahres 2005 saß er, natürlich, beim Politik-Ressort, und der Volontär hat sich damals am intensivsten um diesen besonders stillen und ausgesucht höflichen Prakti gekümmert, der sogar Platz machte, wenn er zuerst am Kopierer gewesen war.

Braucht man wirklich so wenig Ellenbogen, um im Europaparlament Karriere zu machen und dann zum Stellvertretenden Ministerpräsident Schleswig-Holsteins aufzusteigen? Jan-Phi­lipp soll, haben wir später von einem anderen Grünen-Politiker erzählt bekommen, schreckliche Angst vor der Blattkritik gehabt haben.

Nachvollziehbar: Über die Blattkritiken trug die Redaktion mitunter ihre internen Konflikte aus, mit genüsslichem Vorlesen besonders missglückter Textstellen. Aber die Texte, die Jan Philipp Albrecht im Blatt unterbringen konnte, waren durchaus solide. In einem Interview hat er einen Veganer sogar dazu gebracht, einzuräumen, dass auch sein erster Reflex sei, draufzuhauen, wenn ihn eine Mücke sticht. Und fast meine ich, die Blattkritik dazu noch zu hören: Da gibt es nix zu meckern. Ein höheres Lob konnte es damals in der Bremer taz-Redaktion nicht geben.

Wie er sich nun im neuen Amt macht: Nicht nur wir werden aufmerksam hinschauen.  Benno Schirrmeister