Im Aufbau: Protestcamp für Flüchtlinge nimmt Form an

ASYL Auf dem Oranienplatz werden in den nächsten Tagen zwei Flüchtlingskarawanen erwartet

Ärzte und Anwälte stehen schon zur Unterstützung bereit

Eine junge Frau schlägt einen großen Hering mit einem Vorschlaghammer in die Wiese am Kreuzberger Oranienplatz. Bald soll hier ein großes, blau-weißes Zirkuszelt stehen. „Das wird das Versammlungszelt unseres Camps“, sagt Jonas, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Das Protestcamp für die Rechte von Asylsuchenden, das seit Mittwoch auf dem Oranienplatz aufgebaut wird, nimmt Formen an: Stühle, Bänke und ein Kickertisch stehen schon neben fünf Zelten für Küche, Material und Lager. Schlafzelte, ein Internetanschluss und Toilettencontainer sollen noch dazukommen. Ab Samstag werden hier rund 200 Flüchtlinge und UnterstützerInnen erwartet, weil zwei Protestkarawanen ankommen. Diese sind am 8. September in Würzburg aufgebrochen, um gegen Abschiebungen, Residenzpflicht und Arbeitsverbote zu protestieren. Ziel: Berlin, Oranienplatz.

Eine Gruppe aus etwa 30 Flüchtlingen und etwa ebenso vielen UnterstützerInnen ist zu Fuß unterwegs in die Hauptstadt – Stationen waren bisher etwa Erfurt, Leipzig und Wittenberg. Außerdem fuhr ein Bus los mit einem Flüchtling und drei UnterstützerInnen in Würzburg, dem sich bei Stopps unter anderem in Frankfurt, Köln und Hamburg etwa 30 weitere Flüchtlinge unterschiedlicher Nationalität angeschlossen haben.

Am gestrigen Abend sollten sich beide Karawanen in Potsdam treffen. Von dort aus soll heute gemeinsam die Landesgrenze nach Berlin überschritten werden, eine Demonstration von UnterstützerInnen ist für 11 Uhr in der Friedrich-Engels-Straße in Potsdam angekündigt. Die NPD Brandenburg hat eine Gegenkundgebung angemeldet.

Auf dem Oranienplatz hängen Transparente mit der Aufschrift: „Nein zu Rassismus in Politik, Alltag und Institutionen“. Jonas erzählt, dass AnwohnerInnen und Hausprojekte bereits Schlafplätze angeboten hätten – für den Fall, dass Leute krank werden oder es zu kalt wird. Auch ÄrztInnen und AnwältInnen stünden zur Unterstützung bereit, falls es nötig wird, heißt es aus dem Camp. Laut einem Sprecher der Berliner Polizei ist das Camp zwar nicht durch das Versammlungsrecht gedeckt. Weil der Bezirk es aber auf seinen Grünflächen dulde, werde die Polizei den Aufbau zumindest „nicht unterbinden“.

Am Samstag sollen die Karawanen in Berlin mit einer Willkommensfeier und Konzerten begrüßt werden, um die Ankunft nach dem fast einmonatigen Marsch gebührend zu begehen. Bei allen Aktionen und während des Camps sind solidarische UnterstützerInnen und Interessierte willkommen. NIKOLAI SCHREITER

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