Reiches, armes Land

■ Venezuela lebt vom Öl. Der Staat hat den Zugriff auf den Reichtum, und seine BürgerInnen hängen von Zuwendungen ab. Mächtig ist, wer diese Verteilung kontrolliert. Die Erdölproduktion liegt nach Angaben der Regierung bei 3 Millionen Barrel im Jahr. Vor kurzem wurden neue Förderungen im Orinoco-Delta aufgenommen, und die Regierung hat die Verdopplung der Produktion auf 6 Millionen Barrel als Ziel ausgegeben. Bei der Wahl am Sonntag geht es auch um den Zugriff auf die künftigen Erlöse aus diesen Reserven.

■ Vor Chávez’ Regierungszeit waren rund 60 Prozent der Bevölkerung von den Ölgewinnen ausgeschlossen. Sein größter Erfolg ist, die einstmals marginalisierte Mehrheit der Bevölkerung an der Verteilung teilhaben zu lassen. „Die meisten wissen nicht, was Sozialismus ist“, sagt der Journalist Oscar Torres. Doch Chávez sei es gelungen, dass sie Sozialismus mit der Teilhabe am Reichtum gleichsetzen.

■ Nach Angaben der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik sank der Anteil der Armen in den Städten von 49 Prozent 1999 auf 29 Prozent im Jahr 2010. Doch seit etwa drei Jahren stagniert der Armutsabbau. Landesweit lebt die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Denn die staatliche Sozialpolitik hat ein strukturelles Problem. Der Staat verteilt viel, schafft es aber nicht, die Menschen mit qualifizierten Arbeitsplätzen aus der Armut zu holen.

■ Venezuela hat die höchste Mordrate Lateinamerikas. Alle 33 Minuten wird ein Mensch ermordet, wobei schwere Körperverletzungen, Raubüberfälle und Entführungen noch nicht mitgezählt sind. Die Kriminalität ist so hoch, da eine Strafverfolgung praktisch nicht stattfindet. (juevo)