Dieselgate-Forderungenan VW verjährt

Erster Prozesstag: Richter hält Milliarden-Schadenersatz gegen Autokonzern für fraglich

Ein Teil der Milliardenforderungen gegen Volkswagen und seine Konzernmutter im Zusammenhang mit dem Abgasskandal könnte verjährt sein. Dies hat das Gericht am Montag beim Start des Schadenersatzprozesses von Anlegern signalisiert.

Richter Christian Jäde sagte in einer vorläufigen Einschätzung am ersten Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht Braunschweig am Montag, dass wahrscheinlich nur ein Teil der Ansprüche berücksichtigt würde. Dabei ließ er offen, in welcher Höhe. Der 3. Zivilsenat verhandelt über eine Klage der Fondsgesellschaft Deka Investment wegen erlittener Kursverluste. Hinter der Musterklägerin stehen knapp 1.700 vergleichbare Fälle, die Summe der Forderungen gegenüber dem Autokonzern beläuft sich auf neun Milliarden Euro.

Für das Verfahren ist nach Meinung von Juristen entscheidend, wann Volkswagen das Ausmaß der Abgasmanipulation und die finanziellen Folgen bewusst wurden. Davon hängt ab, wann der Konzern die Börse mit einer Pflichtmitteilung informieren musste. Die Kläger – überwiegend institutionelle Investoren – werfen den Wolfsburgern vor, die Information zu lange geheim gehalten und ihnen dadurch einen Wertverlust eingebrockt zu haben.

Dem hält VW entgegen, die Kursrelevanz sei erst durch die Veröffentlichung der US-Umweltbehörde am 18. September erkennbar geworden. Die EPA hatte damals eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar angedroht. Die Wiedergutmachung des Abgasskandals kostete Volkswagen allein in den USA bisher umgerechnet mehr als 25 Milliarden Euro. Einschließlich eines Bußgelds von einer Milliarde Euro in Deutschland sowie weiteren Rückstellungen türmen sich die Kosten inzwischen auf mehr als 27 Milliarden Euro.

Richter Jäde sagte, das Verfahren sei derart komplex, dass sich der Senat zu Beginn zu der Frage noch nicht festlegen könne. Dazu seien zu viele rechtliche Fragen zu klären. Das Gericht wolle die sogenannten Feststellungsziele nacheinander abarbeiten, von denen 183 Volkswagen betreffen und 10 die Porsche SE. Dabei machte der Richter klar, dass seiner Ansicht nach der Zeitraum ab dem Frühjahr 2014 für Entscheidungen über die Kapitalmarktrelevanz von „Dieselgate“ wichtig ist. Zu dem Zeitpunkt hatten VW-Mitarbeiter von einer Untersuchung in den USA erfahren, die zum Ergebnis kam, dass VW-Diesel auf der Straße mehr Stickoxid ausstießen als im Labor. Nachdem sich die US-Umweltbehörden einschalteten, entschied VW, scheinbar mit den US-Behörden zu kooperieren, die Existenz eines in den USA illegalen „Defeat Device“ aber zu leugnen. (rtr)