Kunstrundgang
: Harald Fricke schaut sich in den Galerien in Berlin um

Minimalism and After IV, bis 27. 11., tgl. 11 – 18 Uhr, DaimlerChrysler Contemporary, Haus Huth, Alte Potsdamer Straße 5

Es gibt ein paar Orte in Berlin, an denen steht die repräsentative Macht der Metropolen-Architektur in einem seltsamen Widerspruch zu ihrer Nutzung. Etwa am S-Bahn-Eingang zum Potsdamer Platz: Dort hat ein namenloser Straßenkünstler auf dem blank gewienerten Steinboden selbst geschnitzte Ziegen ausgestellt und Gorilla-Zeichnungen an die Säulen gepinnt. Sieht so die Rache des Naturalismus an der kargen Geometrie aus Stahl, Glas und Beton aus? Auch ein Künstler wie Mathias Goeritz hat auf die Prachtbauten seiner Zeit reagiert. In Mexiko City entwarf er gemeinsam mit Luis Barragan „Satellitentürme“, die auf offenen Plätzen im Nordwesten der Stadt bis zu 57 Meter in die Höhe reichen. Damals war der Minimalismus ein weithin sichtbares Zeichen für die Utopie vom neuen Bauen in einer demokratisierten Öffentlichkeit. Heute sind von diesem Vorhaben in der Ausstellung „Minimalism and After IV“ noch Dokumentarfotos und kaum 30 Zentimeter große Stahlskulpturen zu sehen. Auch in den anderen Arbeiten aus der Daimler-Chrysler-Sammlung wird die Brücke zwischen Kunst und Architektur geschlagen, das reicht von Erwin Heerichs Steinkonstruktionen über Dan Grahams Fotos zur missglückten Stadtplanung in den USA bis hin zu den Videos von Santiago Sierra oder Francis Alýs, in denen städtischer Raum mit absurden Aktionen attackiert wird. Wenn Alýs einen schmelzenden Eiswürfel durch die Straßen schiebt oder Sierra mit einem Lkw die Autobahn blockiert, dann ist bei ihnen ausgerechnet der Minimalismus eine Spielart, um Chaos zu erzeugen. Das gilt natürlich nicht für alle Kunst innerhalb der Ausstellung: Robyn Denny setzt in seinen Bildern aus den Sechzigern auf die Wärme der Abstraktion und Jeremy Moon ist als früh verstorbener Farbfeldmaler einfach nur eine echte, späte Entdeckung.