DIE HÄUSERBRÄNDE IN PARIS SIND DAS ERGEBNIS POLITISCHER FEIGHEIT
: Missachtetes Elend

Zwei Wohnhäuser in Paris sind binnen vier Tagen ausgebrannt. Ein drittes – ein „Hotel“ – ging vier Monate zuvor in Flammen auf. Die Gemeinsamkeiten: Alle drei befinden sich inmitten wohlhabender Quartiere im Herzen der französischen Hauptstadt. Alle waren extrem baufällig. Und alle waren von EinwandererInnen bewohnt.

Ob die kurze Abfolge von zwei Bränden binnen nur vier Tagen ein Zufall ist oder ob Anschläge dahinter stecken, müssen die Ermittlungen noch klären. Doch eines steht schon fest: Mitten in Paris, oft in unmittelbarer Nachbarschaft von Luxusbauten, herrscht tiefes und massives Elend – und Wohnverhältnisse wie im 18. Jahrhundert.

Eine Überraschung ist das nicht. Die Mitgefühlsbekundungen der politisch Verantwortlichen in diesen Tagen lassen vergessen, dass die Wohnungsmisere von tausenden AfrikanerInnen in Paris seit vielen Jahren existiert. Und dass sie allen Verantwortlichen bekannt ist. Zahlreiche Obdachlosenverbände beziehen daraus ihre Existenzberechtigung, zahlreiche Betreiber von abrissfälligen Armenpensionen verdienen daran Vermögen. Oft bekommen sie es direkt aus der Staatskasse. Die politisch Verantwortlichen ziehen es vor, staatliche Gelder für Übergangslösungen auszugeben, statt damit dringend benötigten sozialen Wohnraum zu schaffen. Sie trauen sich auch nicht, dem massiven Wohnungsleerstand in Paris mit Beschlagnahmungen zu begegnen.

Abgesehen von solch gefühlsgeladenen Momenten wie augenblicklich, erscheint es politisch als nicht rentabel, sich um EinwandererInnen zu kümmern. Erst die vor vier Jahren in Paris angetretene linke Stadtregierung hat sich an eine systematische Erfassung der baufälligen Häuser gemacht. Mit dem Ziel, sie peu à peu zu sanieren oder abzureißen.

Die tödlichen Brände inmitten einer der reichsten Städte der Welt sind keine wirkliche Überraschung. Sie sind eine angekündigte Katastrophe. Das Ergebnis einer Mischung von politischer Feigheit und menschlichem Versagen.

DOROTHEA HAHN