Kunst aus dem Automaten

Neu in Bremen: CDs im Automaten. Mit allem, was in Bremen zwischen experimenteller Elektronik, Rock-Avantgarde, freier Musik und Improvisation von Bedeutung ist. Jetzt zu sehen und zu hören in der Galerie für Aktuelle Kunst

Der Urautomat steht – ausgerechnet – in Mönchengladbach: der „Artomat“. Er enthält speziell für diesen Zweck gestaltete Kunstwerke. Manchmal ist auch Musik darin. Ein Beitrag der Band EA 80 brachte Michael Hohendorf, Veranstalter und Alleinbetreiber des Labels Twisted Knister, auf die Idee, CD-Automaten aufzustellen. Für 96 Euro ersteigerte er schließlich einen Zigarettenautomaten der Firma Grönig bei Ebay. Einen schönen alten mit Glasscheibe und Schubladen, Relikt einer Spezies, die sich nicht für den Betrieb mit Geldkarten umrüsten lässt. In diesem Automaten stecken nun statt Zigaretten kleine Kartons mit CDs im Visitenkartenformat – 8,5 mal 6 cm.

Die CDs wiederum enthalten exklusive Aufnahmen von Christoph Ogiermann, Braut die See, Stabat Mors, Feine Trinker, Bei Pinkels Daheim, Volker Hormann und (einziger Nicht-Bremer) Keith Fullerton-Whitman. Letztere drei spielen heute Abend auch live in der GAK. Je nachdem, wie schnell die jeweils in einer Auflage von rund 30 Exemplaren aufgelegten Scheiben vergriffen sind, kommen weitere Beiträge in die Schächte. Anvisiert hat Hohendorf V.B. Schulzes Bernsteinzimmer, Ilse Lau, James DIN-A4, Reinhardt Hammerschmidt und Hainer Wöhrmann, Troum und andere – also eigentlich alles, was in Bremen zwischen experimenteller Elektronik, Rock-Avantgarde, freier Musik und Improvisation von Bedeutung ist.

Die Musiker allein entscheiden, womit sie die rund fünfeinhalb Minuten, die der Tonträger bietet, füllen. Und auch die Verpackung gestalten sie selbst. Das Schlagzeug-Bass-Duo Braut die See entschied sich sogar dafür, die Papschachteln, in denen sich die CDs befinden, selbst zu falten und zu bekleben. Am irrwitzigsten ist sicherlich der Beitrag des Komponisten Christoph Ogiermann, der einen 23 der kleinen CDs umfassenden Zyklus aus „Lebenddurchführungen“ komponiert, von dem die ersten 12 Teile bereits fertig gestellt sind.

Die Schachtel wiederum ziert ein Bild, dass sich über die 23 Ausgaben zieht und somit nur beim Erwerb aller Teile komplett wird. „Eine herbe Sache für hartgesottene Fans“, scherzt Michael Hohendorf. Aber schließlich ist es ihm nicht darum zu tun, es den Leuten einfach zu machen. Weitere Automaten sind bereits in Planung. Andreas Schnell

Mikrogalerie „Automatenmusik“ in der Gesellschaft für Aktuelle Kunst