Fritz Kuhn will oben bleiben

FAVORIT Grüner Kandidat führt nach dem erstem Wahlgang und glaubt, bald in Stuttgart regieren zu können. SPD nicht mehr im Rennen. CDU hofft auf Wende mit Merkels Hilfe

■ Vorlauf: In den letzten 16 Jahren wurde Stuttgart von Wolfgang Schuster (CDU) regiert, der auf eine weitere Amtszeit verzichtete.

■ Vorentscheidung: Im ersten Wahlgang am Sonntag erreichte niemand die für einen schnellen Sieg nötige absolute Mehrheit. Der 57-jährige frühere Grünen-Bundesparteichef Fritz Kuhn bekam mit 36,5 Prozent die meisten Stimmen. Der von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützte parteilose Werbefachmann Sebastian Turner, 46, schaffte 34,5 Prozent. Dritte wurde SPD-Kandidatin Bettina Wilhelm mit 15,1 Prozent. Stuttgart-21-Gegner Hannes Rockenbauch erhielt 10,4 Prozent, die übrigen zehn Kandidaten zusammengerechnet 3,4 Prozent.

■ Showdown: Im zweiten Wahlgang am 21. Oktober dürften alle Kandidaten noch einmal antreten, für den Sieg reicht dann aber die einfache Mehrheit. Während Wilhelm bereits aufgab, will Rockenbauch erst seine Basis befragen.

AUS STUTTGART NADINE MICHEL

Die Rollen zwischen SPD und Grünen waren am Montag klar verteilt. Nach ihren mageren 15 Prozent blieb der SPD-Kandidatin Bettina Wilhelm kaum etwas anderes übrig, als ihre Niederlage bei der Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl einzugestehen und vor der zweiten Runde ihren Rückzug anzukündigen. Grünen-Kandidat Fritz Kuhn hingegen präsentierte sich entspannt und siegesgewiss. Durch Wilhelms Rückzug sind die Chancen der Grünen noch einmal deutlich gestiegen, nach dem ersten Ministerpräsidenten bald auch den ersten OB in einer Landeshauptstadt stellen zu können. Baden-Württemberg würde dann künftig von einer grünen Doppelspitze regiert.

Knapp die Hälfte der 415.000 wahlberechtigten StuttgarterInnen hatten am Sonntag ihre Stimme für den neuen Oberbürgermeister abgegeben. Nachdem sich im mauen Wahlkampf lange kein Favorit herauskristallisiert hatte, entwickelte sich die Wahl dann zu einem knappen Zweikampf zwischen Kuhn (36,5 Prozent) und dem parteilosen Kandidaten Sebastian Turner (34,5 Prozent), der von der CDU, FDP und Freien Wählern unterstützt wird. Da keiner im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit erreichte, gibt es in zwei Wochen einen zweiten Wahlgang.

Für diesen zog Bettina Wilhelm ihre Kandidatur zurück. „Für mich ist klar: Mit diesem Ergebnis trete ich nicht wieder an“, sagte sie. „Ich werde aber auch keine persönliche Wahlempfehlung abgeben.“ Es gebe mündige WählerInnen. „Deshalb halte ich von einer Empfehlung nichts. Ich würde mich davon auch nicht beeinflussen lassen.“ Gleichzeitig stellte sie jedoch eine größere inhaltliche Übereinstimmung mit Kuhn heraus, vor allem in der Wohnungs- und Schulpolitik.

Für Wilhelm ist das Ergebnis enttäuschend, für die SPD jedoch desaströs. „Für die Partei ist das ein Ergebnis, das nicht schönzureden ist“, sagte der Kreisvorsitzende Dejan Perc am Montag. Zum zweiten Mal nach der Landtagswahl muss die SPD den Grünen den Vortritt lassen. Diese könnten hingegen ihren Erfolg im Ländle nun zementieren.

„Was Herr Turner jetzt noch mobilisieren kann, das mobilisiere ich auch“, sagt Kuhn

Dieser begann bereits 2009 bei der Kommunalwahl, bei der die Grünen erstmals die Mehrheit für den Gemeinderat gewannen. Zwei Jahre später folgte die Wahl Winfried Kretschmanns zum neuen Ministerpräsidenten. Und auch nun stehen die Zeichen wieder auf Grün.

Bereits im ersten Wahlgang holte Kuhn 2 Prozentpunkte mehr als Turner. Zudem dürften die meisten WählerInnen Wilhelms und die von S-21-Gegner Hannes Rockenbauch dem Grünen Kuhn näher stehen als Turner. Ob nach Wilhelm auch Rockenbauch seine Kandidatur zurückzieht, ist allerdings noch offen (siehe Text unten). Das aber juckte Kuhn am Montag wenig. „Ich glaube, dass ich von denjenigen, die im ersten Wahlgang Frau Wilhelm oder Herrn Rockenbauch gewählt haben, noch viele Stimmen bekommen werde“, sagte er zuversichtlich. „Was Herr Turner jetzt noch neu mobilisieren kann, das mobilisiere ich auch.“ Daran werde auch der angekündigte Wahlkampfauftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am kommenden Freitag nichts ändern. „OB-Wahlen werden aus kommunaler Kraft gewonnen“, so Kuhn.

Turner hingegen setzt nun ganz auf die Karte „nicht zweimal Grün“: „Viele Stuttgarterinnen und Stuttgarter wollen keinen grünen OB“, sagte er. „Daher werden viele von ihnen jetzt zur Wahl gehen, weil eine klare Richtungsentscheidung ansteht.“