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HSV verbleibt in gewohnter Form

Zum Auftakt der 2. Bundesliga hat der Hamburger SV gegen Holstein Kiel überraschend mit 3:0 verloren. Und das zu Hause. Und das als Favorit auf die Zweitliga-Meisterschaft. Für den HSV wird’s ein hartes Jahr

Von Martin Sonnleitner

Ein überraschender 3:0-Sieg zum Zweitliga-Auftakt gegen den HSV – und doch hat der neue Coach von Holstein Kiel, Tim Walter, bei der Analyse des Spiels zunächst noch gehadert. In der ersten halben Stunde hatten sich die „Störche“ schwer getan gegen offensiv sehr dynamisch agierende Hamburger. „Bei eigenem Ballbesitz hatten wir wenig Kontrolle, wenn wir rotiert haben, sind wir nicht in die Räume gekommen“, sagte der 42-Jährige, der erst diesen Sommer das Traineramt an der Förde übernommen hat.

Doch die Kieler beackerten die Hausherren vor ausverkaufter Kulisse im Hamburger Volksparkstadion sukzessive. Zunächst schien die Balance zwischen hohem Pressing und hinten Dichtmaschigsein nicht aufzugehen gegen die immer wieder in die Vertikale vorpreschenden Hamburger. Viele hatten vom Gegner eine Mauertaktik erwartet, doch immer wieder hatte Walter, der von der U23 des FC Bayern gewechselt war, in den vergangenen Tagen Gegenpressing und Kampf um die Hoheit im Mittelfeld versprochen. Er hielt Wort. Die Kieler erarbeiteten sich durch gute Zweikampfführung eigene Chancen, profitierten hierbei auch von einer oft indisponierten Hamburger Abwehr, die nicht mit den eigenen pfeilschnellen Offensivkräften harmonierte, die zunächst ohne echte Sturmspitze operierten.

„In der zweiten Halbzeit war es grandios“, sagte Walter dann nüchtern. „Wir haben den HSV nicht mehr atmen lassen, sie zu Fehlern gezwungen.“ Vor allem war es einer von sechs Kieler Neuzugängen, der den HSV durch permanentes Attackieren, schnelle Richtungswechsel und Konsequenz in den entscheidenden Aktionen immer mehr aus dem Tritt brachte. Gestatten: Jae-song Lee. Er bediente zunächst Jonas Meffert, ebenfalls neu im Kader der Störche, mustergültig, der danach aus 17 Metern den Ball in den Winkel zur 1:0-Führung jagte (56.). Dann servierte er für den kurz zuvor eingewechselten David Kinsombi, der zum 2:0 traf (70.). Der japanische WM-Teilnehmer Lee war der Zweitliga-Transfercoup des Sommers, er wechselte für 900.000 Euro nach Kiel.

Während die Kieler jubelten, herrschte Tristesse beim HSV, der zuvor trotz Abstiegs auf einer Woge der Euphorie ritt und als haushoher Favorit auf die Zweitliga-Meisterschaft gehandelt wurde. „Das war desaströs, eine Katastrophe“, gestand Kapitän Lewis Holtby. „Wir haben auf die Fresse gekriegt“, schäumte der HSV-Mittelfeldmotor. „Wir haben heute als Kollektiv versagt. Das war über 60 bis 70 Minuten viel, viel zu wenig und nicht unser echtes Gesicht.“

Die Kulisse war erstligareif, doch der HSV hat ein schwieriges Jahr vor sich. Am kommenden Sonntag, auswärts beim SV Sandhausen, stehen die Hamburger also schon wieder mit dem Rücken zur Wand. Jedes Spiel in der 2. Liga habe wegen der Favoritenrolle des HSV „Pokalspielcharakter“, hatte Coach Christian Titz noch in der Vorwoche gesagt. Dass die Gegner sich auf mehr verstehen, als krude zu mauern, hat Kiel am Freitag eindrucksvoll bewiesen. Auch das 3:0 in der Nachspielzeit durch Mathias Honsak war eiskalt und clever vorgetragen.

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