Ein AKW verkrümmelt sich

Abriss des Atommeilers Krümmel in Planung

Die Unterlagen für den Rückbau des Atomkraftwerks Krümmel bei Geesthacht liegen seit Dienstag öffentlich aus. Für zwei Monate können Interessierte sich im Rathaus der Kleinstadt darüber informieren, wie der Kraftwerkbetreiber Vattenfall sich den Abriss des Meilers und den Bau eines Zwischenlagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle auf dem Werksgelände vorstellt.

Das Kraftwerk in Krümmel war 2011 nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima stillgelegt worden. Allerdings war es bereits seit Juni 2007 wegen diverser Zwischenfälle abgeschaltet worden, die ihm die Bezeichnung „Pannenreaktor“ eingebracht hatten. Lange hatte der Meiler zudem in Verdacht gestanden, für die Häufung von Leukämieerkrankungen vor allem bei Kindern und Jugendlichen in der Elbmarsch oberhalb Hamburgs verantwortlich zu sein. Obwohl das nicht gerichtsfest belegt werden konnte, wurde er von Atomkraftgegnern gern „Krümmelmonster“ genannt.

Ungeklärt ist jedoch noch die Entsorgung. Während die strahlenden Abfälle wie Brennstäbe in Castorbehältern in Zwischenlagern aufbewahrt werden, bis dereinst ein Endlager gefunden ist, werden andere Teile auf ihre radioaktive Belastung geprüft und nach einer mehrstufigen „Freimessung“ als normaler Schutt deklariert.

In jedem Atomkraftwerk sind Hunderttausende Tonnen Beton verbaut, Krümmel ist rund 550.000 Tonnen schwer. Nur ein kleiner Teil im Innern der Anlage, je nach Reaktorgröße 3.000 bis 6.000 Tonnen Baustubstanz, kommt jedoch mit Radioaktivität in Berührung und erhält aufgrund seiner Strahlenbelastung nur eine eingeschränkte Freigabe. Diese Stoffe dürfen nicht in die Wiederverwertung gelangen. Sie fallen unter das Abfallwirtschaftsgesetz und müssen auf Deponien gelagert werden.

Den Vorschlag einer seit zwei Jahren existierenden Arbeitsgruppe zur Entsorgung stellte Energieminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch vor. Danach werden Abfälle mit einer Strahlenbelastung von weniger als zehn Mikrosievert als unbedenklich eingestuft. Sie sollen auf gewöhnlichen Deponien gelagert werden dürfen. Atomkraftgegnern und Umweltschützern gilt dieser Grenzwert als viel zu hoch. „Der Strahlenschutz der Bevölkerung und der Umwelt geht vor“, sagt Ole Eggers, Landesgeschäftsführer des Umweltverbands BUND.

Der Kampf geht weiter.

Sven-Michael Veit