heute in hamburg: „Nicht um des Erhaltens willen erhalten“
Interview Naomi Bruhn
taz: Frau Rees, welches Denkmal in Hamburg würden Sie gerne abreißen ?
Anke Rees: Keines, ich finde alle Denkmale, gerade die umstrittenen, haben eine wichtige Funktion, denn man erkennt an den Objekten worüber in der Gesellschaft zurzeit verhandelt wird und welche Werte relevant sind.
Welches Denkmal fehlt noch?
Hamburg hat bereits eine große Anzahl an Denkmälern. Mir geht es aber nicht darum, was ich persönlich gerne hätte, sondern ich finde viel interessanter was bereits da ist und wie damit umgegangen wird.
In Deutschland findet man immer wieder alte Nazi-Denkmäler. Sollten diese abgerissen werden, oder unter Vorbehalt bleiben?
Das ist nicht einfach zu bewerten. Wir haben uns zum Beispiel mit dem Bismarckdenkmal befasst. Unten im inneren Sockel befinden sich nationalsozialistische Wandmalereien. Anlässlich der Sanierung des Denkmals wird jetzt darüber diskutiert werden, ob man diese zugänglich machen sollte und wie man damit umgeht. Sie sind ein Teil dieses Denkmals und dessen Vereinnahmung. Deshalb würde ich sie behalten und öffentlich machen, allerdings nicht ohne einen Begleittext. Grundsätzlich muss man Orte nicht um des Erhaltens willen erhalten.
Das Thema „Hamburgs umstrittene Orte“ haben Sie zusammen mit Ihren Studenten ausgearbeitet. Wobei wurde denn gestritten?
Vortragsreihe: „Hamburgs umstrittene Orte – Zum Umgang mit unbequemen Denkmälern“, Kölibri, Hein-Köllisch-Platz 12, 19 Uhr, Eintritt frei
Am meisten haben wir über eine Gedenktafel, die im Michel hängt, diskutiert. Diese ehrt Soldaten aus Hamburg, die während der Kolonialzeit für das „Kaiserreich“ in China und in Afrika gestorben sind. 2016 wurde einer dieser Kriege sogar als Völkermord anerkannt. Viele der Studierenden waren sehr überrascht, dass in einer Kirche, die für Versöhnung und Frieden steht, ein solches Denkmal zu sehen ist. Die Frage war dann also, wie geht man mit dieser Gedenktafel um. Viele meinten, dass sie nicht dort hängen bleiben sollte. Die meisten waren für ein „kommentiertes“ Hängenlassen.
Wird man nach der Vortragsreihe Hamburg in einem anderen Licht sehen ?
Vielleicht wäre das etwas zu hoch gegriffen, denn wir zeigen schließlich nur fünf Orte. Aber es kann auf jeden Fall neue Perspektiven öffnen.
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