Flüssiggas nur Brückentechnologie

Diskussion über Flüssigerdgas LNG als Schiffsantrieb: Umweltverband Nabu bezweifelt Klimaeffekte

Von Sven-Michael Veit

Damit die Luft in Hafenstädten besser wird, muss die Schifffahrt sauberer werden, ist Ole von Beust überzeugt. Und das probate Mittel dafür glaubt der frühere Hamburger CDU-Bürgermeister auch gefunden zu haben: „Wenn ich einen Hafen will, der die Gesundheit der Menschen nicht gefährdet, brauche ich LNG“, sagte er am Dienstag im Hamburger Hafen-Klub an den St. Pauli-Landungsbrücken. LNG (liquified natural gas, auf Deutsch: Flüssigerdgas) gilt vielen derzeit als sauberster verfügbarer Antriebsstoff für Schiffe.

Kehrtwende beim Nabu

Ole von Beust ist Gründer und Inhaber der Beratungsgesellschaft vBColl und Mitinitiator der nationalen LNG-Plattform, einem Netzwerk von rund 120 Unternehmen und Vereinigungen, das den flächendeckenden Einsatz von LNG in der deutschen und internationalen Schifffahrt propagiert. Wenn es Fahrverbote für Dieselautos gebe, so von Beust, seien umweltfreundliche Antriebe für Schiffe erst recht notwendig.

Unschön nur, dass der Naturschutzbund (Nabu), der LNG seit Jahren befürwortete, vorige Woche eine Kehrtwende hinlegte: Eine neue Studie belege, dass LNG „eine Sackgasse“ sei, sagte Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik beim Nabu-Bundesverband. Beim Ausstoß des Klimagases CO2 sei LNG „eine Nullnummer“. Oeliger räumte jedoch ein, dass Flüssigerdgas den Ausstoß von Luftschadstoffen reduziere. Die Emissionen von Schwefeloxiden, Stickoxiden und Feinstaub liegen bei LNG faktisch bei Null, die von CO2 allerdings kaum unter den Mengen, welche beim Verbrennen von Schweröl als Schiffsantrieb freigesetzt werden, der Methan-Ausstoß ist sogar höher.

Als „olle Kamellen“ bewertet der Verband Deutscher Reeder (VDR) in Hamburg Oeligers Aussagen. „Dass LNG das CO2-Problem lösen würde, hat niemand aus der Schifffahrt je behauptet“, kommentiert VDR-Chef Ralf Nagel. Für LNG spreche zunächst die Reduzierung von Luftschadstoffen. Wenn das Gas in absehbarer Zukunft aus Windenergie, Wasserstoff und dem CO2 in der Atmosphäre erzeugt werden könne, werde es zu „einem Zukunftsbrennstoff ohne fossile Anteile“, so Bremens früherer SPD-Wirtschaftssenator.

Und eben dafür leiste Deutschlands größte Kreuzfahrtreederei Aida in Rostock „schon seit Jahren Pionierarbeit“, behauptet Aida-Pressechef Hansjörg Kunze nicht ganz zu Unrecht. Neun der zwölf Luxusliner können in Häfen Landstrom nutzen, das erste LNG-Schiff soll im Herbst ausgeliefert werden. Alle weiteren Neubauten sollen ausschließlich mit LNG fahren. „Das ist die derzeit umweltfreundlichste Option“, sagt Kunze.

Ziel: CO2-freie Schifffahrt

Die schwimmenden Luxushotels treiben die Ökologisierung der Schifffahrt voran, weil die Passagiere Wert darauf legen, auf dem Sonnendeck nicht von rußenden Schornsteinen behelligt zu werden. Deshalb kommt der Branche eine Vorreiterrolle zu „auf dem Weg zu einer CO2-freien Schifffahrt“, so Kunze. Das sieht auch Ole von Beust so. „LNG ist beim Klima nicht der Riesenbringer“, räumt er ein. Aber für die nächsten Jahrzehnte sei es „die einzige realistische Möglichkeit“.