WDR gegen Punkpartei

Fernsehsender verweigert Wahlwerbung. Klage erfolglos

Dieser Wahlwerbespot ist wie ein Song der Ramones: kurz, schnell und hart. Leiber schwappen durch einen proppenvollen Raum. Vorne verbeißen sich zwei Frauen in einen Fleischbrocken, andere stürzen sich auf eine Dose Hundefutter, kippen Bier. Da drüben steckt eine Spritze im Arm, eine Plastiktüte auf dem Kopf. Ein Hund frisst.

So rauscht dieser Party-Exzess an einem vorbei. Alle zwei Sekunden ein Schnitt. Gedreht hat den Spot die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands (APPD). Die selbst ernannte „Partei des Pöbels und der Sozialschmarotzer“ trat bereits bei der Bundestagswahl im Jahre 1998 an und ließ mit ihren Slogans („Saufen, saufen, jeden Tag nur saufen“) das Gros der bürgerlichen Fraktionen zwischen Ekel und Abneigung erstarren.

Diesmal ist das Szenario ähnlich. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) weigerte sich, den Spot über den Sender zu jagen, da es sich hier um „einen nicht leicht wiegenden Verstoß gegen allgemeine Gesetze“ handle. Insbesondere bangte der WDR um die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Genauso beim ZDF, wo der Spot gestern laufen sollte. Doch der öffentlich-rechtliche Sender sah auch die Jugend in Gefahr und legte den Spot flugs beiseite.

Die APPD versuchte daraufhin in einem Eilverfahren eine Einstweilige Verfügung zu erwirken. Szene für Szene erläuterte der Rechtsanwalt der Partei, Christian Dreher, die Absichten der APPD. Dabei stützte sich der Anwalt vor allem auf die künstlerische Form der Provokation, mit der die Partei die „katastrophalen sozialen und gesellschaftlichen Zustände in der Bundesrepublik“ anprangern wolle.

Doch vergebens: Das Verwaltungsgericht Mainz wies die Klage gestern in einem Eilverfahren zurück. Das ZDF muss den Spot nicht ausstrahlen, der WDR wohl auch nicht. Das Gericht war unter anderem der Auffassung, der Spot verstoße „schwerwiegend“ gegen die Menschenwürde, überdies gegen den, schweres Wort: Jugendmedienschutzstaatsvertrag.

Und jetzt? APPD-Kanzlerkandidat und Sänger der Wattenscheider Punkband Die Kassierer, Wolfgang Wendland, kündigte an, notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Es geht also weiter. Ach ja: Gesendet hat der WDR den Spot übrigens doch noch – aber zensiert.

BORIS R. ROSENKRANZ