Naturfreundejugend über Vorrundenaus:
„Die Aktion wird weitergehen“
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Naturfreundejugend über Vorrundenaus: „Die Aktion wird weitergehen“
Schon 2006 forderte die Naturfreundejugend Berlin das deutsche „Vorrundenaus“. Jetzt ist es passiert. Ein Gespräch mit Carsten, der die Aktion mitinitiiert hat.
Uns ging und geht es nicht um den Sport, viele von uns spielen sehr gerne Fußball und fiebern für Zweit- oder Drittliga-Mannschaften mit. Das Ziel der Kampagne ist ein Politisches: Wir wollten mit der Aktion über die Fußball-WM auf andere gesellschaftliche Entwicklungen hinweisen, besonders auf die Verbindung von Nationalismus, Rassismus, Sexismus und Sicherheitspolitik im Sport.
Welche Auswirkungen hat der Sport dabei?
Die gesellschaftliche Wirkung, die so ein Spiel und besonders ein Sieg der Nationalelf hat, ist enorm. Sport und Politik sind sehr eng verknüpft. Immerhin wurden wegen verlorener Fußballspiele schon Wahlen gewonnen und Kriege angezettelt, wie etwa 1969 nach dem WM-Qualifikationsspiel zwischen Honduras und El Salvador.
Was ändert sich daran durch das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft?
Es wird auf jeden Fall weniger nationale Euphorie während der restlichen WM in Deutschland geben – und das ist eine gute Nachricht. Besonders für die Menschen, die schwul sind, einen Migrationshintergrund haben oder zu einer anderen sogenannten gesellschaftlichen Randgruppe gehören. Die Gefahr für diese Menschen, bei irgendeinem Fan-Fest vorbeizugehen und Opfer von rassistischer Gewalt zu werden, ist damit auf jeden Fall gesunken.
Im Interview: Naturfreundejugend Berlin
Carsten, 38, ist Mitglied der Naturfreundejugend im Landesverband Berlin. Die Jugendorganisation der Naturfreunde versteht sich als parteiunabhängiger, linker Jugendverband, der sich viel mit den Themen Nationalismus, Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und Antisemitismus befasst. Carsten ist schon länger Mitglied und war bei der Entwicklung der Kampagne 2006 mit dabei.
Ihre Aktion startete 2006. Seitdem hat sich in Deutschland einiges geändert – zum Beispiel sitzt eine rassistische Partei im Bundestag, der die Nationalmannschaft nicht „deutsch“ genug ist. Ist das Jubeln für diese multikulturelle Mannschaft nicht gelebter Antirassismus?
Das Entscheidende ist doch, dass dieser Patriotismus, der sich damit ein wenig moderner gibt, immer noch dieselbe nationalistische Stimmung befördert. Und bei all dem scheinbar modernen Nationalismus darf man nicht vergessen, welche rassistischen Auswüchse das gemeinsame Fußballgucken hat. Im Kern rechtfertigt dieser scheinbar moderne Nationalismus immer noch die Abschottung der EU-Außengrenzen, die Errichtung von Lagern für Geflüchtete und das Eingehen auf eine angebliche Volksstimmung, die AfD-Positionen fördert. Wunsch und Wirklichkeit sind nicht deckungsgleich.
Für die Nationalelf zu sein, um gegen die AfD zu sein – das funktioniert also für Sie nicht?
Nein. Das ist so, wie CSU zu wählen um die AfD zu verhindern.
WM 2018: Und raus bist du!
Kroatien ist bei dieser WM genau genommen nicht ausgeschieden. Das Finale haben sie trotzdem mit 2:4 gegen Frankreich verloren. Und Mandzukic (Foto) geht als erster Eigentorschütze in die WM-Geschichte ein.
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Belgien verliert das Halbfinale mit 1:0 gegen Frankreich. Im Spiel um den dritten Platz können die Belgier jedoch punkten: sie gewinnen 1:0 und erklimmen damit das WM-Treppchen. Ein historischer Erfolg.
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Ein zerplatzer Traum: Die letzte WM-Finalteilnahme der Engländer war im Jahr 1966 im eigenen Land. Auch dieses Mal hat's nicht gereicht; die Mannschaft verliert im Halbfinale 2:1 gegen Kroatien. Auch im Spiel um den dritten Platz müssen sie sich geschlagen geben: Belgien gewinnt 1:0.
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Igor Akinfeew, im Achtelfinale gegen Spanien noch Elfmeterkiller, muss diesmal zu oft hinter sich schauen. Dennoch: Das in der Fifa-Rangliste schwächste Team hat sich hervorragend geschlagen, Zeiter in der Gruppe A, Spanien rausgeworfen, gegen Kroatien im Viertelfinale gut mitgehalten. Tolles Heimturnier.
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Weit gekommen, gut verteidigt, Deutschland und die Schweiz rausgeschmissen: Schweden scheitert erst im Viertelfinale mit 0:2 gegen England.
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Brasilien war stark. Aber Belgien war stärker. Das Aus für Neymar und Co kam im Viertelfinale nach einem 1:2.
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Uruguays Torwart Muslera patzt: Frankreich gewinnt das erste Viertelfinale mit 2:0, die Urus (ohne den verletzten Cavani) sind raus. Dennoch: Starker WM-Auftritt von Uruguay. Souverän in Gruppe A gewonnen und ein gutes Achtelfinale gegen Portugal abgeliefert.
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Achtelfinale. England gewinnt gegen Kolumbien. England gewinnt gegen Kolumbien im Elfmeterschießen. Kein Witz. Kolumbien fährt heim.
Die Schweizer können ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden. Emil Forsberg erzielt für Schweden in der 65. Minute den einzigen Treffer des müden Achtelfinales. Michael Lang (Schweiz, Foto) schleicht vom Platz.
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Japan schockt im Achtelfinale die favorisierten Belgier mit einem Doppelschlag nach der Pause: erst Haraguchi, dann Inui (Foto). Doch Belgien kommt zurück und schafft mit einem Tor in der Nachspielzeit den Lucky Punch. Japan muss heimfahren.
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Torhüter Guillermo Ochoa kann dem Ball nur noch entgeistert hinterhergucken - das 2:0 durch den Brasilianer Willian besiegelt das Ausscheiden von Mexiko, das einigen bis dahin als Geheimfavorit gegolten hatte.
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Kroatien setzt zum Jubel an, Dänemark versteift. Erst im Elfmeterschießen konnten sich die Kroaten durchsetzen und treffen im Viertelfinale auf Russland. Dänemark scheidet als starke Defensivmannschaft im Achtelfinale aus.
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Russlands Torwart Akinfeew hält im Elfmeterschießen zwei Elfer, einen von Koke (im Bild). Die sehr defensiv spielenden Russen kommen ins Viertelfinale. Für Spanien, den Weltmeister von 2012, ist im Achtelfinale Schluss.
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Ein schönes, faires, sportliches Bild: Cristiano Ronaldo (Portugal, r.) führt den verletzten Edinson Cavani (Uruguay), der zuvor zweimal getroffen hatte, vom Feld. Wenn es ums Ergebnis geht, ist das Bild spiegelverkehrt. Uruguay ist mit weiter, Portugal scheidet im Achtelfinale nach einer 1:2-Niederlage aus.
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Argentiniens Torwart Franco Armani fliegt umsonst: Benjamin Pavard trifft zum 2:2. Frankreich gewinnt das erste Achtelfinale der WM mit 4:3 und zieht ins Viertelfinale ein. Argentinien ist raus!
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Vorrundenaus: Senegal, 4 Punkte, 4:4 Tore, Gruppe H: einmal gewonnen, ein Unentschieden, einmal verloren. Punkt und torgleich mit Japan. Raus wegen Fairplay: Japan hatte am Ende zwei gelbe Karten weniger. Ganz bitterer Abschied für Senegal.
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Polen, 3 Punkte, 2:5 Tore, Gruppe H: Seit 12 Jahren hat Polen mal wieder an einer WM teilgenommen, die Erwartungen der Fans waren hoch. Aber Robert Lewandowski und seine Mitspieler lieferten nicht.
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Panama, 0 Punkte, 2:11 Tore, Gruppe G: Panama hatte bei seiner ersten WM nicht das größte Glück, mit Belgien und England als Gruppengegner. Aber: Die Mittelamerikaner haben ihr erstes WM-Tor geschossen – gegen England! Gegen Tunesien hätte es fast noch zu einem Punkt gereicht. Fast.
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Tunesien, 3 Punkte, 5:8 Tore, Gruppe G: Tunesien war neben Marokko das einzige Außenseiterteam, das versuchte, offensiv zu spielen. Auffällig war, dass die Tunesier am Anfang (Minuten 0 bis 10) und am Ende des Spiels (85. Minute bis Ende der Nachspielzeit) schwach waren. Nach einem knappen Sieg gegen Panama schieden sie aus.
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Deutschland, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe F: Schland unter, das war's. Der amtierende Weltmeister und Gruppenfavorit verliert gegen Mexiko und Südkorea und scheidet damit in der Vorrunde aus. Verdient.
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Südkorea, 3 Punkte, 3:3 Tore, Gruppe F: So sehen glückliche Verlierer aus. Trotz WM-Aus kann sich Südkorea über ein verdientes 2:0 gegen Deutschland freuen. Die Südkoreaner scheiden als Gruppendritter vor Deutschland aus dem Turnier aus.
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Costa Rica, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe E: Im letzten Spiel sicherte man sich knapp noch einen Punkt. Geholfen hat es nicht: Das Team muss nach der Vorrunde nach Hause fahren.
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Serbien, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe E: Zuletzt traf Serbien 2014 in einem Freundschaftsspiel auf Brasilien – und gewann mit 1:0. Vier Jahre später verlieren die Serben 0:2. Damit sind sie raus aus dem Turnier.
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Island, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe D: Island ist das Team, dass irgendwie jeder mag. Die Isländer spielen körperbetont, aber nicht unfair und sie agieren als Team. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme konnten sie zwar nicht in die K.o.-Phase vordringen, aber sie haben mit drei guten Partien gegen starke Teams eine gute Premiere hingelegt.
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Nigeria, 3 Punkte, 3:4 Tore, Gruppe D: Ach ja, Nigeria. Es ist in den letzten vier Weltmeisterschaften immer dasselbe: Man ist mit den Argentiniern in der Gruppe, um knapp an ihnen zu scheitern.
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Australien, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe C: Australien hat in dieser WM mal wieder überrascht. Aufgrund ihres Kaders, der größtenteils mit Spielern aus zweitklassigen Ligen besetzt ist, wurden die Australier mehr oder weniger abgeschrieben. In einer schweren Gruppe konnten sie aber mit jedem Gegner mithalten – fast.
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Peru, 3 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe C: Peru hat die leidenschaftlichsten Fans der WM – eine riesige WM-Euphorie. Im letzten Spiel zeigten die Peruaner dann, wie stark sie wirklich sind und besiegten Australien mit 2:0.
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Marokko, 1 Punkt, 2:4 Tore, Gruppe B: Marokko ist der Pechvogel der WM. Gegen Iran verlor man wegen eines Eigentores in der 95. Minute. Marokko hat außerdem, im Gegensatz zu vielen Underdogs, das ganze Turnier über versucht, offensiv zu spielen. Gegen Portugal und Spanien war das Team durchaus ebenbürtig.
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Iran, 4 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe B: Der Iran hat bei der WM positiv überrascht. Besonders beeindrucked war, dass die Iraner sich von Spiel zu Spiel verbessert haben. Sie brachten sowohl Spanien als auch Portugal ins Schwitzen.
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Ägypten, 0 Punkte, 2:6 Tore, Gruppe A: Auch Ägypten stellte einen Rekord auf. Im Tor vertraute das Team auf den ältesten Spieler der WM-Geschichte, den 45-jährigen Torwart El-Hadary. Ansonsten bot Ägypten ohne Mohamad Salah im 1. Spiel gegen Uruguay offensiv nichts, Salahs zwei Tore in den anderen Spielen halfen auch nicht mehr.
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Saudi-Arabien, 3 Punkte, 2:7 Tore, Gruppe A: Saudi-Arabien hat einen speziellen Rekord aufgestellt. Mit 5:0 erlitten die Saudis eine der härtesten Eröffnungspleiten der WM-Geschichte. Trotzdem sind sie nicht so schlecht aufgetreten wie erwartet.
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Wie waren und sind die Reaktionen, die Sie auf ihre Kampagne bekommen?
Die Aktion polarisiert natürlich. Viele haben sich ermutigt gefühlt, die Themen der Kampagne aufzugreifen und politisch aktiv zu werden. Aber wir haben auch Hassmails bekommen. Wir wurden als „Nestbeschmutzer“ beschimpft und zum Auswandern aufgefordert – so viel zum Thema Akzeptanz im modernen Nationalismus.
Wird die Vorrundenaus-Kampagne zur nächsten EM und WM weitergehen? Oder haben Sie nun alles erreicht?
Die Aktion wird natürlich weitergehen. Die Fußball-WM ist immer ein guter Anlass, um über Nationalismus zu diskutieren.
Da die Deutschen raus sind, können Sie jetzt unbeschwert WM gucken?
Ich habe ein Faible für Außenseiter, daher werde ich an irgendeinem Punkt sicher etwas mitfiebern. Aber letztlich trifft der nationalistische Mechanismus, den wir in Deutschland kritisieren, auch auf die anderen Nationalmannschaften zu. Wenn wir in Frankreich wären, würde wir die Vorrundenaus-Kampagne genauso fahren – nur mit anderen Farben.
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