: berlinmusik
Maschine & Kosmos
Es passt ins Bild, dass Driftmachine mit dem Titel ihres neuen Albums auf einen Ort des Industriezeitalters anspielen. „Shunter“ heißt das Werk das Elektronikduos, übersetzt „Weichensteller“ oder „Rangierlok“. Diese Metapher wirkt deshalb stimmig, weil die Atmosphäre in den sieben Stücken – Soundscapes zwischen Ambient, Industrial und kosmischer Musik – kühl-maschinell, düster, erratisch ist, was gut mit einem Topos wie dem Rangierbahnhof korrespondiert.
Driftmachine stammen aus dem hochgeschätzten Zirkel um das Label Alien Transistor und die Indietronica-Helden von The Notwist. Florian Zimmer, der eine Teil von Driftmachine, spielt gemeinsam mit Christoph Brandner (Lali Puna) und Max Punktezahl (Notwist) zudem bei den Fricklern von Saroos; Andreas Gerth, der andere Teil des Duos, ist unter anderem noch beim Tied & Tickled Trio aktiv. Mit Driftmachine kreieren die beiden Sounds vor allem mit analogen Synthesizern, klassische Songstrukturen sind kaum auszumachen. „Shunter“ mit seinem Pluckern und Knistern und Wabern ist eher wie ein klanglicher Erlebnisparcours, der durchgängig fordernd ist – bei dem man das Gelände, das man sich etwas dunkel und unheimlich vorstellt, aber bis ins feinste Detail kennenlernt. Das Album erscheint wie die jüngsten vier Veröffentlichungen auch schon auf dem mexikanischen Label Umor Rex, das allein wegen seiner tollen Artworks zu entdecken lohnt.
Hekla wiederum heißt nicht nur ein Isländischer Vulkan, sondern auch ein Quintett aus Berlin, das eine Mischung aus Psychedelic Rock, Synthpop und Folk spielt. Die schwedisch-australisch-deutsche Combo, zu vier Fünfteln weiblich, hat im vergangenen Jahr ihr Debütalbum veröffentlicht und legt nun mit „Boulevards“ nach. Insbesondere der wechselnde Gesang von Teresia Elvira und Elsa Endlund sowie das oft hammondmäßige Keyboard prägen das Klangbild. 80er-Pop trifft Velvet Underground trifft Pink Floyd. „Boulevards“ knüpft am guten Debüt an, eine neue Version des bekannten Songs „Pizza Hekla“ gibt es auch. Wenn die Pizza wie dieser Sound ist, dürfte sie classic-style, gut gewürzt und mit sehr viel Amore gemacht sein. Jens Uthoff
Driftmachine: „Shunter“ (Umor Rex/Indigo/Morr Music), Record Release: 21. 6., Arkaoda
Hekla: „Boulevards“ (Duchess Box Records), live: 12. 6., Urban Spree
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen