Müll-Barone müssen zittern

Nach der Verurteilung des EX-SPD-Landtagsabgeordneten Norbert Rüther steht die Aufklärung des Kölner Müllskandals erst am Anfang. Die taz sagt, wer in den nächsten Monaten vor Gericht steht

VON FRANK ÜBERALL

Am Donnerstag wurde der frühere SPD-Politiker Norbert Rüther wegen Bestechlichkeit und Beihilfe zur Bestechlichkeit zu einer Haftstrafe verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann: Rüther wird zwei Jahre und drei Monate im Gefängnis sitzen. Das strenge Rüther-Urteil setzt den Maßstab für die kommenden Prozesse.

Klaus Heugel

Der ehemalige SPD-Rechte und Rüther-Freund wird vermutlich wegen Bestechlichkeit angeklagt. Rüther sagte aus, er habe Spenden aus der Müllbranche nur angenommen, damit sich der damalige Oberstadtdirektor und Oberbürgermeister-Kandidat Klaus Heugel nicht strafbar macht. Heugel ist bereits wegen illegaler Aktiengeschäfte vorbestraft. Die einst schillernde Machtperson der Kölner Sozialdemokraten kann sich deshalb also ernsthaft vor dem Knast fürchten.

Hardy FußHelmut Trienekens

Der einstige SPD-Landtagsabgeordnete aus dem Rhein-Erft-Kreis und der Ex-Müllmulti stehen wohl ab Anfang 2006 vor Gericht. Es geht um die Abwicklung der Schmiergeld-Zahlungen aus dem Müllbereich über Schweizer Briefkastenfirmen. Trienekens soll sie veranlasst, Fuß dabei geholfen haben. Fuß hatte vor allem im Landtagswahlkampf stets seine Unschuld beteuert. Die Staatsanwaltschaft nahm ihm das aber nicht ab.

Heinz Ludwig Schmitz

Der Ex-CDU-Ratsherr hatte einen Beratervertrag mit einer Trienekens-Firma. Im Gegenzug soll er – wie Rüther – positiv für den Müllmulti im Stadtparlament gewirkt haben. Da das Kölner Landgericht im Fall Schmitz erstmals entschieden hat, dass Ratspolitiker mit den strengeren Regeln für Amtsträger zu verfolgen sind, droht Schmitz eine hohe Strafe. Also wieder einer, der sich fürchten darf. Schmitz ist übrigens nach einem Rücktritt inzwischen wieder Vorsitzender eines Kölner CDU-Ortsverbands.

Richard Blömer

Einst mächtiger Kölner CDU-Chef und Landtagsabgeordneter, heute noch Chef der CDU Köln-Lindenthal, hat Blömer wesentlichen Anteil daran, dass Rolf Bietmann dort wieder für den Bundestag kandidieren kann. Blömer wird wegen diverser Spendenvergehen verfolgt. Hinzu kommt der Verdacht, er habe vom Beratervertrag des Ex-Ratsherrn Schmitz gewusst. Eine Aktennotiz soll belegen, dass Blömer Schmitz gebeten hat, den bezahlten Posten erst nach der Privatisierung der Müllabfuhr anzunehmen. Das könnte Beihilfe zur Bestechlichkeit sein.

Die Müllbosse

Für die Ex-Geschäftsführer der quasi städtischen Kölner Müllfirmen – Friedrich Homann, Peter-Olaf Hoffmann und Heinz Schürheck – interessiert sich die Justiz wegen dubioser Prämienzahlungen. Im Fall Schürheck kam beim aktuellen Rüther-Prozess heraus, dass der damalige ÖTV-Gewerkschaftsfunktionär maßgeblich an der Entscheidung zur Privatisierung der Müllabfuhr mitgewirkt und dafür Geld und einen lukrativen Posten in der neu gegründeten Firma bekommen haben soll.

Axel Kaske

Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Köln hat nichts anderes gemacht als andere Ratspolitiker auch: Der SPD-Politiker saß in Beiräten der Tochterfirmen von Stadt und Trienekens. Doch nur Kaske wird verfolgt – weil er Rüther um den Posten als „Zubrot“ gebeten haben soll.

Acht Genossen

Das Schwarzgeld aus der Müllbranche floss als anonyme Dankeschön-Spenden an die SPD. Um es in den „Finanzkreislauf der Partei“ (Rüther) zu bringen, wurden fingierte Spendenquittungen an Genossen ausgegeben, die zuvor gar nichts gespendet hatten. Mehrere zahlten dafür Bußgelder, acht meinen nichts Böses getan zu haben. Die Staatsanwaltschaft will sie noch dieses Jahr anklagen – und Rüther gleich noch einmal mit.

Norbert Rüther & Co.

Norbert Rüther war vom Kölner Landgericht im ersten großen Müllverfahren frei gesprochen worden, die Ex-Manager Ulrich Eisermann und Sigfried Michelfelder hatten milde Strafen bekommen. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein, weil sie die Strafen für zu gering hielt, die Verteidiger der Ex-Bosse Eisermann und Michelfelder, weil sie billiger davon kommen wollten. Am 1. Dezember will der Bundesgerichtshof dazu beraten.