das portrait: Tim Walter soll Kiels Absturz verhindern
Am vorletzten Spieltag der vergangenen Fußball-Bundesligasaison reckten die Fans von Meister Bayern München während des Gastspiels beim 1. FC Köln in ihrer Kurve ein Transparent empor: „Tim Walter muss bleiben. Danke für alles!“ Es war ein letzter Versuch, den 42 Jahre alten Trainer der U23 des FC Bayern zum Verbleib bei den Bayern zu bewegen. Er ging ins Leere. Walter wechselt zu Holstein Kiel und tritt dort die Nachfolge von Markus Anfang an.
Diese Verpflichtung zeigt, dass Zweitligist Holstein Kiel eine gute Adresse geworden ist. Vor einigen Jahren wäre es kaum denkbar gewesen, dass ein recht junger Übungsleiter vom deutschen Serienmeister zu Holstein wechselt. Unter dem bisherigen Trainer Anfang haben die Kieler aber für reichlich Furore gesorgt. Als Aufsteiger in die Zweite Liga gestartet, erreichte die Mannschaft sofort die Relegation. Der Aufstieg in die 1. Liga scheiterte aber, der VfL Wolfsburg setzte sich durch.
Walter soll nun den Aufschwung der Kieler fortsetzen – oder zumindest einen Absturz verhindern. „Mit Tim haben wir unseren Wunschtrainer verpflichten können, der unser Konzept, junge Spieler zu fördern und entwickeln, voll mitgeht“, sagt Holstein-Geschäftsführer Wolfgang Schwenke. „Wir sind überzeugt davon, dass wir den eingeschlagenen Weg in den nächsten Jahren mit ihm zusammen erfolgreich weitergehen werden.“ „In den nächsten Jahren“ – das klingt gut für Walter, der als größten Erfolg seiner Trainerlaufbahn den Gewinn der deutschen B-Jugendmeisterschaft mit dem FC Bayern vorzuweisen hat, der aber mit der U23 des Klubs den Drittliga-Aufstieg jüngst verpasst hat.
Leicht ist seine Aufgabe in Kiel nicht. Etliche wichtige Kräfte verlassen Holstein Kiel. Sportchef Ralf Becker ist zum Bundesliga-Absteiger HSV gewechselt, Topspieler Dominick Drexler zum dänischen Meister FC Midtjylland, Kapitän Rafael Czichos zum 1. FC Köln, und bei Angreifer Marvin Ducksch endete das Leihgeschäft mit Liga-Konkurrent FC St. Pauli. Walter lebte im Gespräch mit dem Kicker dennoch Optimismus vor: „Ich weiß, dass viele fürchten, Kiel breche nun auseinander. Aber das sehe ich nicht so. Kiel bricht nicht auseinander.“ Das wird sich weisen. Am 25. Juni ist Trainingsauftakt. Christian Görtzen
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