Ein Mann gegen Kameras

DIE INI (Vll) Für die Freiheit im Netz kämpft Michael Ebeling von der Initiative Vorratsdatenspeicherung

Die Norddeutschen engagieren sich in Bürgerinitiativen gegen Verkehrsprojekte, für Tiere oder gegen Datenmissbrauch – mal laut und knallig, mal leise und beharrlich. Diese Serie stellt in loser Folge die Menschen hinter den Initiativen vor.

Michael Ebeling hätte nicht zu träumen gewagt, einmal die Polizei Hannover zu verklagen. Doch als ihm auffiel, wie viele Überwachungskameras in der Stadt angebracht sind, rief er im Präsidium an und hakte nach. „Ich merkte, dass sie mir eigentlich nichts sagen wollten“, sagt Ebeling. Ende 2008 gingen er und der Aktionskreis Vorratsdatenspeicherung in Hannover dann zum ersten Mal an die Öffentlichkeit; sie reichten einen Petition im Landtag ein, in der sie unter anderem forderten, die Kameras im öffentlichen Raum zu kennzeichnen.

Doch die Petition wurde abgelehnt. Ein Jahr später klagte Ebeling dann gegen die Polizei Hannover; es war sein erster Coup. „Ich bin zwar kein Jurist“, sagt er heute, „aber ich wusste, dass so viele versteckte Kameras nicht richtig oder vertretbar sein können.“ Er bekam Recht, und das Verwaltungsgericht Hannover ging trotz seines eher konservativen Rufs noch weiter: Die Richter sagten, dass sie die gesetzliche Grundlage für eine solche Überwachung für mindestens bedenklich hielten und sie womöglich nicht verfassungskonform sei. Gut möglich also, dass auch Karlsruhe sich bald mit Ebelings Klage befasst.

Ebeling ist nun seit fünf Jahren aktiv im Arbeitskreis für Vorratsdatenspeicherung, einer bundesweiten Initiative, die seit 2006 für mehr Privatsphäre und Freiheit im Netz kämpft und die Speicherung von Daten verhindern möchte. Ebelings Arbeitsgebiet ist Hannover.

Der Diplomingenieur hat schon vor dem Landtag einen Fastenprotest gegen Niedersachsens neues Versammlungsgesetz gemacht und dagegen geklagt. Anfang August dieses Jahres hat er zufällig ein Foto eines Polizisten in Zivil bei einer Demonstration geschossen, der heimlich Bilder machte. Er hat sich für einen in Bayern inhaftierten Mann eingesetzt, Kontakte zu Ultras des Fußballvereins Hannover 96 geknüpft: „Denn deren Rechte werden auf krasse Art und Weise eingeschränkt.“ Egal ob im Internet oder anderswo: Ebeling kämpft für die Freiheit des Einzelnen und ist eines der aktivsten Mitglieder der Ortsgruppe Hannover.

An diesem Samstag ist nun bundesweiter Aktionstag gegen Vorratsdatenspeicherung, bei dem alle Ortsgruppen in Deutschland protestieren werden – auch in Hannover. Dort wird es einen Flashmob geben. „Obgleich das Wort zu groß ist für das, was wir machen“, sagt Ebeling. Das Motto: „Zeig der Vorratsdatenspeicherung die rote Karte!“

Aber warum diese Aufregung? „Deutschland ist zwar nicht das schlimmste Land“, sagt Ebeling, „aber viele Tendenzen gehen mir auf den Keks. Unsere Privatsphäre darf nicht geklaut werden, wir brauchen Freiräume, um kreative Ideen für die Fortentwicklung unserer Gesellschaft voranzutreiben.“ Deswegen dürfe es keine Vorratsdatenspeicherung geben, der Umgang zwischen Staat und Bürger sei in dieser Hinsicht völlig falsch: „Menschen müssen frei denken können, ohne die Angst, ständig überwacht zu werden.“  AMA