„Das ist reiner Nervenkrieg“

TALIBAN Die Kämpfer haben keine Chance, sagt der Politologe Farrukh Saleem

■ Der Politologe Farrukh Saleem forscht am Center for Research and Security Studies in Islamabad mit Schwerpunkt militärische Entwicklungen. Außerdem ist er einer der bekanntesten pakistanischen Kolumnisten. Foto: Archiv

taz: Herr Saleem, was bezwecken die „Pakistanischen Taliban“ mit ihren Anschlägen?

Farrukh Saleem: Sie betreiben psychologische Kriegsführung, denn sie wissen, dass sie gegen die Armee keine Chance haben.

Warum?

Im direkten Kampf sind sie weit unterlegen, daher greifen sie zu Mitteln der asymmetrischen Kriegsführung. Damit versuchen sie, die öffentliche Meinung in Pakistan zu beeinflussen. Die Menschen sollen dazu gebracht werden, die Attacke auf Südwasiristan, die Hochburg der Militanten, zu stoppen. Sie sind umzingelt. Das ist ihr letzter Ausweg.

Beeinflussen die Anschläge den Vormarsch der Armee?

Die Taliban können mit ihren Anschlägen nicht die Kampfkraft der Armee beeinflussen. Alle Anschläge zusammen hatten nur sehr wenig Einfluss darauf. Das ist ein reiner Nervenkrieg.

Beeinflussen die Taliban denn die öffentliche Meinung?

Nach dem Anschlag auf das Marriott-Hotel in Islamabad vor einem Jahr habe ich gedacht, dass sich die öffentliche Meinung eindeutig gegen die Taliban richten würde. Das geschah nicht. Dennoch haben viele verstanden, dass es Kräfte gibt, die versuchen, Gebiete zu erobern, und versuchen, dem Staat und der Gesellschaft ihre eigenen Gesetze aufzuzwingen. Trotzdem unterstützt nur eine verschwindende Minderheit die Taliban. Die Mehrheit wünscht sich, dass die Militanten ausgelöscht werden.

Wer sind die Pakistanischen Taliban überhaupt?

Menschen haben ganze Bücher über sie geschrieben und versuchen immer noch, die Grundidee hinter der Militanz auszumachen. Es gibt ideologische Kämpfer, die Wirtschaft in der Region spielt eine Rolle. Es gibt keine Formen von Lohnarbeit in diesen Gegenden, die nichts mit Gewalt zu tun haben.

Ist Pakistans Armee in der Lage, die Taliban zu besiegen?

Zwei der erfolgreichsten Operationen in den letzten Jahrzehnten, um Aufstände niederzuschlagen, waren in Kaschmir und in Sri Lanka. In Kaschmir hat die indische Armee für jeden Militanten, den sie ausgemacht hat, 40 Soldaten postiert. In Sri Lanka hat die Armee für jeden Militanten 250 Soldaten aufgestellt. Nimmt man diese Zahlen als Grundlage, dann müsste die pakistanische Armee die Zahl ihrer Truppen mindestens verdreifachen, um den Aufstand sicher niederzuschlagen.

INTERVIEW: SASCHA ZASTIRAL