Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt:
Jetzt ist doch gerade Sommer. Sogar einer, der seine Sache richtig ernst nimmt mit Sonne, Sonne, Sonne satt. Das das eine. Zum anderen kommt dazu, dass in diesem Sommer wieder mal weltmeisterlich Fußball gespielt wird, heute am Donnerstag ist da in Russland der Anpfiff. Und man schaut sich um und stellt verwundert fest, dass das bei den hiesigen Konzertveranstaltern gar nicht so recht angekommen zu sein scheint.
Weil normalerweise sorgt dieses Doppelspiel, also Sommer mit einem Fußballgroßereignis, verlässlich dafür, dass das musikalische Angebot nur mehr ausgehungert daherkommt in der Stadt. Nicht so aber diese Woche: Da gibt es neben der Sonne auch Musik satt. Was vielleicht daran liegen mag, dass in den ersten WM-Tagen noch nicht wirklich Entscheidendes passiert.
Einem Beatle kann so ein Rumgekicke auf dem Rasen sowieso nichts anhaben. Zumal es so viele von denen ja gar nicht mehr gibt. Also bitte mal Klatschen auf den billigen Plätzen, während die anderen gern mit ihrem Schmuck dazu klimpern dürfen für Ringo Starr. Am Samstag kommt er ins Tempodrom, und dass das hier erwähnt werden muss, hat einfach mit Respekt zu tun, schließlich erhielt der Mann, der mal das trommelnde Herz der Beatles war, eben im März den Ritterschlag. Das Konzert von Sir Richard Starkey ist nämlich bereits ausverkauft. Die ohne Karte hören ersatzweise das gesamte Werk der Beatles und durchaus auch die Soloalben von Ringo Starr. Hat man nämlich mal längere Zeit nicht reingehorcht, wundert man sich manchmal, wie toll das alles wirklich war.
Auch gut: die Lieder von Joanne Robertson. Kann man bequem samt der akustischen Gitarre beim Singer-Songwriter-Folk einquartieren. Wobei sie gar nicht so bequem klingen, mit einer irritierenden Vertrautheit und Fremdartigkeit, gleichzeitig. So wie das mal Neil Young in einigen seiner frühen Liedern (also nicht bei „Heart of Gold“) hinbekommen hat. Joanne Robertson, deren Arbeit als bildende Künstlerin gerade in der Galerie Carlier-Gebauer zu sehen ist, singt am Donnerstag im Roten Salon, wo an dem Abend noch weitere musikalische Positionen zu hören sind (Rosa-Luxemburg-Platz, 21 Uhr, 12 €). Und zum Konzert von Freddy Fischer & His Cosmic Rocktime Band am Freitag im Privatclub zitiert man am besten Freddy „Superdisco“ Fischer. Der singt: „Wenn du heute nicht getanzt hast, hast du heute nicht getanzt.“ So isses, das ist die ganze Wahrheit. Wem es aber bei der Fischer-Disco so gar nicht in den Füßen zucken will, sollte gelegentlich mal überprüfen, ob er überhaupt noch am Leben ist (Skalitzerstr. 85-86, 21.30 Uhr, 16 €).
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